Holdorfer Waldbesitzer sind sich sicher: "Das Baumsterben wird weitergehen"
Das Ehepaar Greve aus Fladderlohausen hat eigene Untersuchungen in Auftrag gegeben und blickt sorgenvoll in die Zukunft. Die Holdorfer Politik ist über die Ergebnisse "echt geschockt".
Unübersehbar: Die Hofeichen und Birken "Auf dem Boll" in Fladderlohausen leiden unter Wassermangel. Foto: IGUVW / Franz Greve
Als Franz Greve seinen Vortrag zum Zustand von Bäumen an verschiedenen Standorten in Fladderlohausen und Grandorf beendet hatte, war Ute Rybka-Beckermann regelrecht fassungslos. "Ich bin echt nur noch geschockt", sagte die Politikerin der Interessengemeinschaft Holdorf (IGeHo) – und sprach damit sichtbar auch ihren Ratskollegen aus der Seele. Denn in der jüngsten Sitzung des Nachhaltigkeitsausschusses hatte Franz Greve zusammen mit seiner Frau Imke die Ergebnisse der eigenen in Auftrag gegebenen Baumuntersuchungen vorgestellt.
Das Ehepaar aus Fladderlohausen, das Besitzer mehreren forst- und landwirtschaftlichen Flächen in Holdorf ist, zog ein ernüchterndes Fazit: "Für uns steht seit Langem fest, dass das Waldsterben weitergehen wird und alte, abgestorbene Wälder im Umfeld der Förderbrunnen nur schwer und mit immensen Kosten wieder aufgeforstet werden können." Beispiele gebe es genügend. Zudem würden Neuanpflanzungen eher zu Busch als zu Wald. "Den Wirtschaftswald, der den Namen Wald verdient hat, wird es in der jetzigen Situation vermutlich nicht mehr geben."
Warum wollten die Greves ihr eigenes Gutachten unbedingt der Öffentlichkeit präsentieren?
Weil sie das von der Gemeinde in Auftrag gegebene Baumgutachten mit dem Sachverständigen Jürgen Braukmann nicht vollständig fanden – mit Blick auf die Standorte und die Anzahl der untersuchten Bäume und die Methodik. Braukmann sollte der Frage nachgehen, ob Bäume im Einzug des Trinkwasserbereichs überlegen – unabhängig davon, wie der Niederschlag ausfällt.
Gemeinsam mit Bürgermeister Dr. Wolfgang Krug untersuchte der Sachverständige aus Rastede am 21. Juli dieses Jahres an exakt jenen 16 Stellen in der Gemeinde Bäume, dessen Zustand er ein Jahr zuvor ebenfalls dokumentiert hatte. Imke Greve betonte: "Wir wissen, dass Herr Braukmann gute Arbeit macht." Aber der Sachverständige und die Politik sollten auch die Ergebnisse der Greves kennenlernen.
Warum haben die Greves eigene Gutachten in Auftrag gegeben?
Der Landkreis Vechta und Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) wurden von Imke und Franz Greve nach eigenen Angaben mehrere Jahre erfolglos aufgefordert, abgestorbene Gehölze im Wald und absterbende Hofgehölze in die Beweissicherung aufzunehmen. So, wie es bei den landwirtschaftlichen Flächen mittlerweile der Fall ist. "Wir haben uns viel Arbeit gemacht und viele Schreiben an die Behörden geschickt." Bislang vergeblich.
Denn Landkreis und Wasserverband würden "einfach nichts machen", "das Thema aussitzen", klagt Franz Greve. So könne es nicht weitergehen, das Ehepaar wolle nicht auf den Kosten wegen der Grundwasserförderung in Fladderlohausen sitzen bleiben. Deshalb hätten sie einen eigenen Gutachter beauftragt. Mit folgenden Zielen:
Dokumentation abgestorbener Bestände in eigenen Wäldern
Erfassung des Zustands von Hof und Feldgehölzen durch ein längerfristiges Monitoring
zum Nachweis von abgestorbenen Gehölzen, die entnommen werden müssen (in Teilbereichen Totalverlust).
Grundlage für Entschädigungsforderungen für abgestorbene Gehölze, für Zuwachsverluste, für Totholzentfernungen
Wie viele und welche Bäume lassen die Greves untersuchen?
Von einem Gutachter lassen die Lorser zusammen mit den Familien Pöppelmann, Brunke und Musielski rund 200 Bäume auf 18 Flächen untersuchen – neun in Grandorf, neun in Fladderlohausen, im Einzug des Trinkwasserbereichs. Außerdem lassen sie die Bäume alle 2 oder 3 Jahre untersuchen. Jährliche Analysen an den gleichen Bäumen, so wie es der Sachverständige Braukmann für die Gemeinde bislang macht, hält Franz Greve "für nicht sinnvoll". Und: Randbäume zu untersuchen, seien nicht hilfreich. Denn sie spiegelten in keinster Weise den Zustand des Waldes wider.
Wie geht der Greve-Gutachter beim Monitoring vor?
Er untersucht Standorte, bei denen früher Grundwasseranschluss bestand, der inzwischen verlorengegangen ist. Franz Greve erklärte: Für jede Teilparzelle, die zu begutachten ist, sollen möglichst 20 Bäume einer Art herausgesucht werden, da laut dem Gutachter "Einzelbäume keine Aussagekraft besitzen würden". Die Bäume werden außerdem zunächst hinsichtlich sonstiger möglicher Schäden untersucht. "Nur, wenn keine massiven Stammschäden festzustellen sind, werden sie begutachtet", sagt Franz Greve.
Welche Ergebnisse präsentierten Franz und Imke Greve nun dem Ausschuss?
Beeindruckt waren die Politiker vor allem von zwei Videosequenzen vom Oktober 2018 und vom Januar 2021. Diese verdeutlichten, wie sich der Zustand von den selben Bäumen innerhalb von 27 Monaten massiv verschlechtert habe. Oder dass tote Bäume an den Straßenrändern wegen der Verkehrssicherungspflicht gefällt werden mussten.
Und Franz Greve zeigte auch Bilder von vor einigen Jahren getätigten Neuanpflanzungen von Bäumen in Richtung Nellinghof, die nichts gebracht hätten. "Wie Sie sehen, sehen Sie eher einen Busch als Wald." Als Gegenbeispiel zeigte er aber auch gesunde, in voller Pracht blühende Hofeichen von Walter Morlock im benachbarten Wenstrup und fragte: "Liegt es daran, dass der Hof außerhalb des Absenkgebietes liegt?"
Ein herrliches Bild: Gesunde Hofeichen bei Walter Morlock in Wenstrup. Foto: IGUVW / Franz Greve
Franz Greve präsentierte außerdem Schriftverkehr aus den 1980er Jahren zwischen der damaligen Bezirksregierung, dem Landkreis Vechta und der Gemeinde Holdorf. Dort ist nämlich bereits von möglichen Auswirkungen der Wasserförderung in Fladderlohausen für Hofeichen die Rede. Außer einer Bestandsaufnahme im Herbst 1988 sei bis heute von den zuständigen Fachbehörden jedoch keine Beweissicherung veranlasst worden, "trotz unübersehbarer massiver Schäden", ärgert sich Franz Greve.
Wie wollen die Greves weiter vorgehen?
Bei abgestorbenen Gehölzen soll zur dendrochronologischen Untersuchung (Jahresring-Analyse) eine Baumscheibe geschnitten werden. Im zwei- bis dreijährigen Rhythmus sollen die Begutachtungen wiederholt werden, um die Entwicklung der Bäume dokumentieren zu können. Die Greves hoffen, in Zukunft für fortwirtschaftliche Flächen keine eigene Beweissicherung durchführen zu müssen. Denn ein Fachbüro wurde von den Behörden beauftragt. Für Hofeichen und Randgehölze wollen Franz und Imke Greve die Beweisaufnahme in Eigenregie weiter fortführen.
Wie reagierte die Politik auf die Vorstellung der Baumuntersuchung?
Bürgermeister Dr. Wolfgang Krug, der beim großen Thema Wasserförderung nicht immer eine Meinung mit den Greves ist, nannte den Vortrag "ganz hervorragend", die Informationen seien "sehr beeindruckend". Als neues Vorstandsmitglied im Wasserverband werde er versuchen, die Holdorfer Interessen zu artikulieren.
Die IGeHo-Ratsfrau Ute Rybka-Beckermann glaubt unterdessen: Wenn die Entwicklung des Baumsterbens so weitergehe, werde Holdorf wohl kaum mehr so viele Bäume haben wie jetzt. Zur Erklärung: 25 Prozent der Flächen in der Gemeinde sind als Wald ausgewiesen, so einen hohen Anteil hat keine andere Kommune im Landkreis Vechta.
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