Das Klima-Krokodil
Kolumne: Das Leben als Ernstfall – Was ist eigentlich aus den Klimaschutzkonzepten vor Ort geworden? Bislang nicht viel. Leider.
Stefan Freiwald | 16.07.2025
Kolumne: Das Leben als Ernstfall – Was ist eigentlich aus den Klimaschutzkonzepten vor Ort geworden? Bislang nicht viel. Leider.
Stefan Freiwald | 16.07.2025
Das Krokodil von Vechta: Es war ein Fake, ein Phantom. So ähnlich sieht derzeit Bundeskanzler Friedrich Merz wohl den Klimawandel. Nein, die hohen Temperaturen in diesem Sommer seien nur zum Teil eine Folge eben jener immer heißer werdenden Sommer. Und da Deutschland angeblich nur zu 2 Prozent zu der globalen Erwärmung beitrage, müsse man es auch nicht übertreiben mit der Transformation, sagte der Kanzler jüngst im Bundestag. Tja, also alles wieder zurück auf Los? Nun, schauen wir uns dazu mal in Vechta um. Die Stadt hat schon vor Jahren ein Klimaschutzkonzept vorgelegt. Eine der Hauptursachen für den CO₂-Ausstoß ist demnach der Verkehr. Doch die Blechlawinen sind seitdem nicht kleiner geworden. 7500 Fahrzeuge rollen laut einer Zahl von 2012 täglich durch die Große Straße. Es dürften 13 Jahre später sicherlich nicht weniger geworden sein. „Klimaschutz wird immer nur da gemacht, wo er niemandem weh tut.“ Wozu hat die Stadt aber – mit reichlich Fördergeld ausgestattet – ein- und ausfahrbare Poller einbauen lassen? Anscheinend nur, um sie zu Weihnachts- und Thomasmarkt zweimal jährlich hochzufahren. Das ist reichlich unambitioniert, allein schon mit Hinblick darauf, dass die Straße abends gerne von einigen PS-Bekloppten zur Rennstrecke umfunktioniert wird. Von Lebensqualität für Fußgänger und Radler Klimaschutz wird immer nur da gemacht, wo er niemandem weh tut. Hier eine Renaturierung, dort ein Blühstreifen. Doch sobald die Wirtschaft jammert, bekommen Politiker und Verwaltung Schnappatmung, wie vergangenes Jahr bei der Debatte um ein Waldstück, das einem Industriebetrieb weichen sollte. Dabei geht Klimaschutz gar nicht ohne die vielen Unternehmen. Die wissen das auch zu einem großen Teil und befinden sich – den kommenden CO₂-Preis vor Augen – bereits in der Transformation. Warum transformieren sich nicht auch unsere Städte und Gemeinden viel schneller? Immerhin sind auch sie dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet! Warum werden Radfahrstreifen so zögerlich oder viel zu schmal angelegt? Warum geht immer noch niemand restriktiv gegen Schottergärten oder überhaupt gegen die fortschreitende Flächenversiegelung vor? Warum plant die Stadt Lohne ernsthaft, noch eine Umgehungsstraße zu bauen, auf der dann noch mehr Autos und Lkw fahren? Warum drehen sich immer noch so wenige Windräder im Landkreis? Warum? „Vielleicht warten wir einfach so lange, bis aus klimatischen Gründen wirklich die ersten Krokodile in unseren Regenrückhaltebecken heimisch werden.“ Die Stadt Vechta hat sich in seinem Klimaschutzkonzept vorgenommen, bis zum Jahr 2035 die CO₂-Emissionen um 80 Prozent zu verringern. Das sind nur noch 10 Jahre. Aber gut, wenn Deutschland, die drittgrößte Industrienation der Welt, nur 2 Prozent der Emissionen ausstößt, dann ist der Beitrag von Vechta, Cloppenburg, Bakum oder Molbergen ja so winzig klein, dass es keinen Unterschied macht, ob wir Vorreiter der Transformation sein wollen oder bald Industriemuseum sind. Vielleicht warten wir einfach so lange, bis aus klimatischen Gründen wirklich die ersten Krokodile in unseren Regenrückhaltebecken heimisch werden.
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