Demonstranten werfen dem Grundstückseigentümer des Lohner Küstermeyergeländes vor, "gesunde" Bäume gefällt zu haben. Bis Mittwochmittag ruhen die Arbeiten nun zunächst (Update: 18.55 Uhr).
Über mehrere Stunden demonstrierten Naturschützer und Lohner Bürger vor dem Gelände Küstermeyerhof. Foto: Scholz
Transparente und Sprechchöre - Wer am Dienstagmittag durch die Meyerhofstraße in Lohne gefahren ist, wird seinen Augen kaum getraut haben. Spontan versammelten sich dort rund 50 Personen zu einer Demonstration (die Polizei spricht von rund 30 Teilnehmern). Der Grund: Auf dem Gelände Küstermeyerhof hatten am Vormittag Baumfällarbeiten begonnen. Im Vorfeld hatte es bezüglich dieser schon heftige Kritik von Umweltschützern gegeben.
"Das ist eine Riesensauerei, was hier passiert. Nach südoldenburgischer Großbauermanier werden hier zwischen den Jahren einfach die Bäume plötzlich abgeholzt", sagte Ludger Frye, Kreisvorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu). Das Ganze zwischen Weihnachten und Neujahr durchzuführen, wo die Stadtverwaltung im Urlaub sei, sei ein "Skandal". Er habe sofort, nachdem er von den Fällarbeiten erfahren habe, die Polizei alarmiert. Denn für den Naturschützer steht fest, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Kurzerhand hat Frye mit anderen Naturschützern die Demonstration organisiert.
Streit um den möglichen Famila-Neubau hält schon länger an
Doch warum die ganze Aufregung? Auf dem Gelände des ehemaligen Küstermeyerhofes ist schon seit längerer Zeit der Bau eines Famila Marktes geplant. Die Stadt Lohne hat dafür auf politischer Ebene die Änderung des dortigen Flächennutzungsplans auf den Weg gebracht. Unter anderem Umweltverbände äußerten bei der ersten öffentlichen Auslegung dieses Flächennutzungsplans starke Bedenken und Sorgen um den dortigen Baumbestand, der im Zuge des geplanten Projektes gefällt werden soll. Die Lohner Bürgerinitiative "Pro Wald" hat eine Online-Petition zum Erhalt des Waldes auf der früheren Hofstelle Küstermeyer und gegen die Markt-Errichtung ins Leben gerufen. Rund 1000 Lohner stimmten hier bereits gegen die Abholzung des Waldes.
Auseinandersetzung zwischen Ludger Frye (links) vom Nabu und dem Grundstückseigentümer Bernd-Ludwig Küstermeyer. Foto: Scholz
Der Grundstückseigentümer Bernd-Ludwig Küstermeyer hat daraufhin ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches überprüfen sollte, wie die 155 Bäume sich auf die Verkehrssicherheit auswirken würden. Das Ergebnis: Ein Großteil der sich auf dem Gelände befindenden Bäume ist marode und beeinträchtigt die Verkehrssicherheit. Zurzeit befinden sich die Planunterlagen in der zweiten öffentlichen Auslegungsphase bis Ende Januar 2021. Das Verfahren ist damit noch nicht abgeschlossen.
Und so war der Ärger bei den Lohner Umweltverbänden groß, als sie hörten, dass schon Baumfällungen durchgeführt werden. "Das Erstaunliche ist, dass hier Bäume abgeholzt werden, die total gesund sind, wie das Gutachten offenkundig zeigt", sagte Annette Karla-Bröring von der Bürgerinitiative. Ohne Zweifel sei es unumstritten, dass einige kranke Bäume gefällt werden müssten, aber nicht die gesunden, betonte Frye.
Die schon gefällten Bäume wurden am Nachmittag unter Abstimmung mit den Naturschützern weiterverarbeitet. Foto: Scholz
Was sagt der Grundstückseigentümer Küstermeyer zu den Vorwürfen der Naturschützer? "Hier werden nur Bäume gefällt, die wirklich marode sind und das ist völlig unabhängig, ob hier später ein Famila-Markt hinkommt oder nicht", sagt Küstermeyer. Die Behauptungen der Naturschützer seien schlichtweg "sachlich falsch". Es sei alles nach Vorschrift gelaufen und vorher mit den zuständigen Behörden so abgesprochen gewesen.
Polizei stoppte zunächst die Baumfällarbeiten
Er würde die Bäume nur fällen lassen, da sie die Verkehrssicherheit in dem Bereich stark gefährden würden. "Würde ich nicht handeln und es kommt jemand durch einen umfallenden Baum zu Schaden, könnte ich in den Knast gehen", betont der Grundstückseigentümer. Zunächst habe er geplant gehabt, die Arbeiten erst Mitte Januar durchführen zu lassen, doch bestehe seine Versicherung nur bis Ende 2020, weshalb er nun vorbeugend handle.
Wie schätzt die Stadt Lohne den Vorfall ein? Bürgermeister Tobias Gerdesmeyer sagte, er sei davon ausgegangen, dass die Maßnahmen erst im neuen Jahr stattfinden. "Es geht hier um private Maßnahmen und deswegen ist die Stadt nicht verantwortlich", betonte der Bürgermeister. Gerdesmeyer unterstrich, dass die Stadt die Maßnahmen keineswegs in Auftrag gegeben habe. Zudem sei es rechtens, die maroden Bäume auf dem Gelände zu fällen.
Nach dem Eintreffen der Polizei stoppten die Einsatzkräfte aber zunächst die Fällarbeiten. "Nach Gesprächen zwischen dem Eigentümer des Waldes, Versammlungsteilnehmern sowie Vertretern von örtlichen Behörden hatte man sich zunächst darauf geeinigt, die Arbeiten für den heutigen Tag ruhen zu lassen", erklärte die Polizeidirektion Cloppenburg/Vechta in einer Pressemitteilung. Es seien Mitarbeiter des Landkreises Vechta hinzugezogen worden, die nun überprüfen sollen, ob wirklich rechtswidrig "gesunde" Bäume gefällt worden sind.
Naturschützer rechnet mit eigener Niederlage
Laut Angaben der Naturschützer werden die Baumfällarbeiten bis Mittwochmittag (30. Dezember) nun ausgesetzt. Bis dahin werde der Landkreis ein Ergebnis verkünden. Diese Aussagen bestätigte Kreissprecher Jochen Steinkamp. "Der Bauherr beruft sich bei den Arbeiten auf ein Gutachten eines anerkannten Sachverständigen. Demnach seien auf dem Privatgelände 45 Bäume nicht mehr standsicher und müssten gefällt werden", erklärt Steinkamp. Nach Ansicht von Küstermeyer seien aber auch weitere Bäume nicht mehr standsicher. Dieses will der Landkreis nun in Abstimmung mit dem Gutachter überprüfen. Am Mittwoch könnten die Fällarbeiten der 45 im Gutachten genannten Bäume durchgeführt werden. Alle anderen Bäume blieben stehen, bis der Sachverhalt geklärt sei.
Naturschützer Frye rechnet damit, dass mit Blick auf die Verkehrssicherheit, die Fällarbeiten "leider fortgesetzt" würden. "Es sieht aktuell nicht gut aus für die Bäume", sagte Frye am Dienstagabend.
Naturschützer demonstrieren vor dem Küstermeyer-Gelände in Lohne. Foto: Scholz
Mehrerer Einsatzkräfte waren im Einsatz. Zwischenzeitlich erzielten die Demonstranten einen Stopp der Arbeiten. Foto: Scholz
Schweres Gerät schon am Vormittag in Lohne. Foto: Scholz
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