OM-Zukunftsmacherin 2024: Anne Lang zieht Käserei der Forschung vor
Am 23. Mai wird in Emstek die dritte OM-Zukunftsmacherin gekürt. Mehr als 120 starke Frauen werden zur Preisverleihung eingeladen. Eine von ihnen ist Dr. Anne Lang, Käserin auf dem Gut Altenoythe.
Dr. Anne Lang: „Ein guter Käse braucht viele erfahrene Handgriffe.“ Foto: Lindner
Nach ihrem Abitur in Baden-Württemberg hat Anne Lang zunächst nur ein Ziel: Sie will raus und in den Norden. Hallig Hooge in Schleswig-Holstein soll es sein. Weil dort aber keine Stelle für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr existiert, verhandelt sie mit den Behörden so lange, bis man ihr ein einjähriges Praktikum gewährt. „Das war nicht so einfach, aber ich habe nicht locker gelassen und es geschafft“, erinnert sie sich. „Wenn man wirklich etwas erreichen möchte, muss man Ehrgeiz und Durchsetzungsvermögen beweisen, dann schafft man es auch zum Erfolg“, ist die Mutter von drei Kindern überzeugt. Es ist ihr ein besonderes Anliegen, das auch ihren Töchtern zu vermitteln.
Ein Stipendium der Heinrich-Böll-Stiftung verschlägt sie während ihres Studiums der Umweltwissenschaften für ein Semester in die Arktis nach Spitzbergen. Die Forschungsarbeiten zu ihrer Promotion in einer deutsch-chinesischen Arbeitsgruppe führen sie immer wieder nach Shanghai, was ihr nicht ungelegen kommt. „Ich wollte schon immer mal woanders hin und neue Umgebungen kennenlernen“, beschreibt sie ihre Abenteuerlust.
„Ich habe ich mich ganz bewusst für Familie und Hof und gegen die Forschung entschieden.“
Dr. Anne Lang
Weil es danach aber mit der Arbeit im Wissenschaftsbetrieb nicht weitergeht, sucht sie sich eine neue Aufgabe. „Etwas Produktives mit Endergebnis sollte es sein“, erzählt die promovierte Umweltwissenschaftlerin. Und weil sie Käse schon immer geliebt und während eines Praktikums einen Einblick in das Thema „Käseherstellung“ bekommen hatte, macht sie eine berufsbegleitende Ausbildung in der Milchverarbeitung.
Als sie nach der Heirat mit ihrem Mann Jan Wreesmann, den sie während des Studiums kennengelernt hatte, die Führung des Hofes übernimmt, strukturieren die beiden den Betrieb schrittweise um und setzen auf dem Gut in Altenoythe mit dem Frucht- und Obstbau neue Schwerpunkte. „Wir wollten gute Arbeitsplätze vor Ort mit optimalen Arbeitsbedingungen schaffen und mit unserer Arbeit den ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich halten“, sagt die Umweltwissenschaftlerin. „Ich würde mir wünschen, dass diese Prinzipien in allen Bereichen der Gesellschaft umgesetzt werden.“
Im eigenen Hofladen verkauft Dr. Anne Lang mittlerweile acht eigene Käsesorten. Foto: Lindner
Die Wissenschaft hat die 42-Jährige inzwischen endgültig ad acta gelegt, zumal Forschung bedeutet hätte, viel von zu Hause weg zu sein. Da aber zu ihrer Vorstellung von einem guten Leben auch Kinder gehören, „habe ich mich ganz bewusst für Familie und Hof und gegen die Forschung entschieden.“ Die Käseliebhaberin greift auf Plan B zurück und baut auf Gut Altenoythe ihre eigene Käserei auf. Allerdings nicht ohne gute Vorbereitung und das entsprechende Rüstzeug: Für 1,5 Jahre arbeitet Lang in einer Lohn-Käserei in Löningen. „Das war meine praktische Ausbildung, bevor ich mich in mein eigenes Abenteuer stürzte“, sagt sie.
Die ehemalige Milchkammer auf dem Hof wird zur Käserei umgebaut. Den Umgang mit den Handwerkern beschreibt Lang als „teilweise kompliziert“, weil die sie bei ihren Bauvorgaben oft nicht ernst genommen hätten. „Als Frau wird man gerne als schwierig bezeichnet, wenn man auf den eigenen Standpunkt beharrt, und manchmal trotzdem oder erst recht nicht respektiert“, ärgert sie sich. Besonders auf dem Land gebe es Nischen, in denen Frauen sich in Führungspositionen abmühen und dabei um ihre Akzeptanz ringen müssen.
Ihre erste Rezeptur nimmt viel Zeit in Anspruch. „Ein guter Käse braucht lange Erfahrung und viele Handgriffe, die man erst verinnerlichen muss“, erläutert sie. Mit dem „Junken-Käse“ geht sie auf dem Altenoyther Bauernmarkt mit Erfolg an die Öffentlichkeit. Ihr Ziel ist von Anfang an, ein breites Käse-Sortiment herzustellen, mit Milch vom Bauern aus dem Nachbarort, ohne Geschmacksverstärker, Farbstoff und Konservierungsmittel. Neben acht eigenen Sorten Schnitt- und Frischkäse bietet die Käserin in ihrem Hofladen das eigene Obst sowie Waren von Produzenten aus der Umgebung an. Außerdem beschickt sie regionale Märkte und Supermärkte.
Neben der Käserei kümmert Lang sich um Marketing, Akquise und Pflege der Geschäftsbeziehungen und um neue Vertriebswege. Die Käserei-Führungen für Erwachsene und Kinder und die Käsewerkstatt über das katholische Bildungswerk sind nur zwei Beispiele für das Anliegen der Käserin, Interessierten die Produktion von Nahrungsmitteln näherzubringen. Auf die Frage, welche Steine ihr bei der Arbeit im Weg liegen, antwortet sie ohne zu überlegen: „Bürokratie. Ich denke, weniger Bürokratie würde viele Kräfte und Kreativität freisetzen. Wer weiß, was dann alles möglich wäre.“
Hintergrund:
Die OM-Medien zeichnen 2024 zum dritten Mal eine Entscheiderin aus dem Oldenburger Münsterland, die in besonderer Weise die gesellschaftliche Entwicklung vorantreibt, mit dem Award „OM-Zukunftsmacherin“ aus.
Unterstützt wird das Projekt OM-Zukunftsmacherin dabei von den Firmen Südbeck, Pöppelmann, Grimme, Bergmann, Wernsing, Zerhusen und der LzO.
Gekürt wird die Preisträgerin von einer Jury. Ihr gehören Silvia Breher (CDU-Bundestagsabgeordnete, Lindern), Christine Grimme (Grimme Gruppe, Damme), Tanja Sprehe (Bereichsleiterin Marketing & Innovation, Pöppelmann, Lohne), Dr. Jutta Middendorf-Bergmann (Ludwig Bergmann GmbH, Goldenstedt) und Annette Vetter (Leiterin Bereich Personal, Landessparkasse zu Oldenburg) an. Für OM-Medien ist die stellvertretende Chefredakteurin Anke Hibbeler dabei.
Die Auszeichnung findet am 23. Mai (Donnerstag) im OM-Medienhaus in Emstek statt. 2022 vergab unsere Jury den Award an Sarah Dhem aus Lastrup; 2023 Marion Schouten aus Cloppenburg.
Alles zur Vorgeschichte, zur Jury und zu Vernetzungsmöglichkeiten finden Sie hier.
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