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Land unter anno 2023

Thema: Hochwasser – Das Weihnachtshochwasser lässt bereits erahnen, wie die Bevölkerung mit den kommenden Klimaveränderungen umgehen wird.

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Das Weihnachtshochwasser, das Teile Norddeutschlands noch immer in Atem hält, weckt Erinnerungen. An die Oder-Flut 1997, an das Elbe-Hochwasser 2002 und an das Juni-Hochwasser 2013. Das waren die letzten flächendeckenden Überschwemmungen dieser Art. Neben der Ahrtal-Katastrophe von 2021, die jedoch ein punktuelles Extremereignis war.

Was man in allen Fällen und auch jetzt wieder sah: Das große Engagement der Bevölkerung, ob beim Befüllen der Sandsäcke oder bei der Hilfe für Nachbarn. Dann die hohe Einsatzbereitschaft von Feuerwehr, THW und Bundeswehr. Und man konnte sogar engagierte Politiker erleben, vom Landrat über den Ministerpräsidenten bis zum Kanzler, die, anders als im Ahrtal, die Bürger nicht im Stich ließen.

Niemals zuvor hat man jedoch gehört, dass wie gerade in verschiedenen Orten geschehen, Leute Sandsäcke von den Deichen gestohlen hätten, um damit ihre eigenen Objekte abzusichern. Oder gar Generatoren, mit denen die Pumpen angetrieben werden. Niemals auch gab es so einen massenhaften Gaffer-Tourismus ins Hochwasser.

Teilweise versuchten Menschen mit Autos auf die durchweichten Deiche zu fahren, um Videos zu drehen. Sie brachten sich selbst in Gefahr und banden Einsatzkräfte. Und was es gewiss früher auch nicht gab, waren Leute, die die überschwemmten Gebiete für Wassersportaktivitäten wie Kite-Surfen genutzt hätten. Schande über sie alle.

"Diese bedauerlichen Nebenaspekte des Weihnachtshochwassers 2023 sind Vorboten für das, was mit der großen Klimakrise auf uns zukommt."

Es sind dies wohl Erscheinungen der heutigen Zeit. Hemmungsloser Individualismus paart sich mit Egoismus und Unterhaltungssucht. Heraus kommt bei einem Teil der Bevölkerung asoziales Verhalten und totales Desinteresse an der Gemeinschaft.

Diese bedauerlichen Nebenaspekte des Weihnachtshochwassers 2023 sind Vorboten für das, was mit der großen Klimakrise auf uns zukommt. Auch da, das zeichnet sich jetzt schon ab, wird es die drei Gruppen geben: Die, die versuchen das Schlimmste abzuwenden und zu retten, was zu retten ist. Die, die bloß gaffen, das ist die Mehrheit. Und die, die aus der Krise noch einen letzten Profit schlagen wollen. Man kann übrigens die Staaten auf den Weltklimakonferenzen schon in diese drei Kategorien einteilen.

Eine Gruppe allerdings fehlt beim aktuellen Hochwasser, anders als bei der Klimakrise: Die Leugner. Jene, die alles als „Fake“ verspotten und die Gefahr einfach für nicht existent erklären. Dafür sind die Ereignisse und Bilder aus Norddeutschland dann wohl doch zu präsent. Man sieht: Kommen die Katastrophen näher, verstummen selbst die Schwurbler.


Zur Person:

  • Der Lohner Werner Kolhoff, Jahrgang 1956, hat für den Berliner Tagesspiegel und die Berliner Zeitung gearbeitet, war Sprecher des Berliner Senats und leitete ein Korrespondentenbüro.
  • Heute ist er in der Hauptstadt als politischer Kolumnist tätig.
  • Den Autor erreichen Sie unter redaktion@om-medien.de.

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