Agrar-Staatsekretärin Silvia Breher will Fleisch-Logos unter ein „Dach“ bringen
Bei der Reform des Gesetzes zum staatlichen Fleisch-Label soll es ein umfassendes System geben. Es betrifft auch die privatwirtschaftlichen Logos. Es geht um die Mehrkosten der Landwirte.
Auch die Einbindung ausländischer Fleischware in die Kennzeichnung ist ein Ziel, sagt die Parlamentarische Agrar-Staatssekretärin Silvia Breher (CDU). Foto: dpa/Zink
Frau Breher, wie haben Sie die Monate seit Ihrer Ernennung zur Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat erlebt? Was ist bisher Ihre prägendste Erfahrung? Ich freue mich über die unfassbar wertvolle Aufgabe im Ministerium. Da ich zugleich dem Bundestag angehöre, ergibt sich die Gelegenheit, verschiedene Enden zusammenzubringen. Die Möglichkeiten, Dinge zu gestalten, sind groß. Das möchte ich jetzt nutzen. Ich habe dafür ein tolles Team im Ministerium. Auch meine langjährige engste Mitarbeiterin ist ins Ministerium gewechselt.
In Ihrem Wahlkreis sind Sie weiter präsent. Bleibt das so – oder zeichnet sich ab, dass Sie sich vor Ort einschränken müssen? Der Wahlkreis ist das A und O. Ich bin sehr dankbar, dass im Ministerium auch viel ortsunabhängig und digital gearbeitet wird. So kann ich trotz meines eingeschränkten Zeitrahmens meine Arbeit mit Terminen im Wahlkreis verbinden.
Will schlanke Verfahren zur Stallbau-Förderung: Agrar-Staatssekretärin Silvia Breher (CDU). Foto: dpa/Zinken
Eine Ihrer größten Baustellen gleich zu Beginn der Legislaturperiode ist die Reform des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes. Es geht um das staatliche Label für Fleisch nach verschiedenen Stufen der Formen der Tierhaltung. Mittlerweile soll ein Referentenentwurf dazu vorliegen. Was soll sich demnach ändern? Wir haben mit den Regierungsfraktionen Positionen gesammelt, die wir als unbedingt notwendig erachten, um ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz mit einem Mehrwert auf den Weg zu bringen, das im März 2026 in Kraft treten soll. Was bisher vorliegt, sind Wünsche und Anregungen. Aber am Referentenentwurf arbeiten wir noch.
Eine bekannte Absicht ist die, dass es auch eine Kennzeichnung für ausländische Ware geben soll, damit es keine Benachteiligung für deutsche Produkte gibt… Es sind zwei große Punkte, die den beiden Fraktionen wichtig sind. Dazu gehört die Einbindung ausländischer Ware. Aber noch wichtiger ist: Das Downgrading soll möglich werden…
…. die Herabstufung einer höheren Haltungsstufe in eine niedrigere, wenn der Markt schwierig ist. Beim Downgrading stellt sich die Frage, wie der Verbraucher die richtige Information erhält, wir es aber trotzdem möglich machen, dass Ware, die in einer höheren Klasse keinen Absatz hat, in einer niedrigeren Stufe verkauft werden darf. Alle sagen, dass dies notwendig ist. Das gilt auch für die Einbindung der ausländischen Ware. Aber im freien Warenverkehr innerhalb Europas ist es sehr schwierig umzusetzen. Beide Punkte werden auch von der Wirtschaft gewünscht. Wir arbeiten daran, wie es gelingen kann.
Wie sieht es damit aus, die vielen privatwirtschaftlichen Logos in das staatliche Label münden zu lassen? Eine Zusammenführung ist nicht das Ziel, wir brauchen aber bundesweit eine einheitliche Auslegung der Kriterien, also ein einheitliches System in Deutschland, wie es auf Länderebene schon möglich ist. Ich verstehe das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz als gemeinsames „Dach“, unter dem die verschiedenen privatwirtschaftlichen Labels, wie beispielsweise das der Initiative Tierwohl (ITW) oder das Bio-Label oder das Label des Deutschen Tierschutzbundes und andere, agieren. Denn nur durch die inzwischen etablierten Wirtschaftsinitiativen können die teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte die entsprechenden Mehrkosten generieren.
Bleiben wir beim Geld: Das Bundesprogramm Umbau der Tierhaltung (BUT) soll auslaufen. Tierwohlställe sollen künftig über GAK-Mittel gefördert werden, also mit Geldern aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Aber für laufende Kosten gibt es dann kein Geld vom Staat. Laut Agrarminister Alois Rainer war die Abfrage der BUT-Gelder zu gering aufgrund zu hoher Anforderungen. Warum haben sie nicht einfach die Kriterien gesenkt?
Wir brauchen Investitionsanreize für die Landwirte, damit sie ihre Ställe umbauen, um mehr Tierwohl zu ermöglichen. Das läuft über das Bundesprogramm sehr schleppend. Deshalb haben wir das befristete Bundesprogramm nach hinten raus verkürzt. Wenn es 2028 ausläuft, soll die GAK-Förderung für Stallumbauten gestärkt werden. Die Mittel haben wir bereits aufgestockt.
Die GAK-Förderung wird von den Ländern kofinanziert – mit Geld aus eigenen Förderprogrammen. Aus Niedersachsen gibt es starke Kritik am Auslaufen des Bundesprogramms und dem Wechsel zu den GAK-Mitteln… Niedersachsen hat derzeit kein eigenes Förderprogramm für Stallumbauten. Offenbar will die rot-grüne Landesregierung das nicht – und verweist auf den Bund. Deshalb ist unser Ziel, mit den Ländern Rahmenvereinbarungen zu treffen, so dass die GAK-Mittel tatsächlich für den Umbau der Tierhaltung eingesetzt werden und ankommen. Wir brauchen ein schlankes Verfahren, bei dem der Landwirt schnell Investitionsmittel abrufen kann – auch in tierdichten Regionen wie dem Oldenburger Münsterland. Das setzt entsprechende ergänzende Programme der Länder zur Kofinanzierung voraus, die das ermöglichen. So sehe ich es als Parlamentarierin. Ich werde diesen Druck auf allen Seiten weiter aufrechterhalten.
Auch der Bauernverband und der Deutsche Raiffeisenverband haben das Auslaufen des Bundesprogramms kritisiert… Aber von einer anderen Warte aus als die niedersächsische Agrarministerin. Wie die beiden Verbände halte auch ich die investive Förderung von Tierwohlställen zum Umbau der Tierhaltung für notwendig. Und sie muss für viele Landwirte möglich sein, darf nicht so hohe Hürden wie im Bundesprogramm haben. Wenn wir die viel diskutierten 1,5 Milliarden Euro zum Umbau der Tierhaltung weder 2025 noch 2026 im Haushalt abgebildet bekommen und dann noch das Bundesprogramm ausläuft, ist die Kritik der Verbände nachvollziehbar. Gleichzeitig braucht es für den Umbau der Tierhaltung klare Rahmenbedingungen über das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz und eine Harmonisierung des Baugesetzbuches mit dem Umweltrecht.
Die Nutztierhaltung im Oldenburger Münsterland ist auch auf den Export hin ausgerichtet. Gibt es hier neue Ansätze? Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir eine moderne Exportstrategie mit nachhaltiger Wertschöpfung etablieren wollen. Im Ministerium gibt es dazu eine Positionierung, die wir bald vorstellen. Entscheidend ist: Wir sehen das Thema breit. Wir wollen die deutschen Unternehmer dabei unterstützen, in den globalen Wertschöpfungsketten Partnerschaften schließen zu können. Das beginnt bei der Stärkung unserer Agrardiplomaten, die wir weltweit haben. Sie arbeiten an der Strategie mit. Wir wollen auch ein deutsches „Dach“ auf Weltmessen bieten, unter dem sich Unternehmen präsentieren können. Wir wollen zudem die Aufhebung von Sperren für Importe aus ganz Deutschland in regional begrenzten Seuchenfällen erreichen. Das geht über gute persönliche Kontakte.
Blicken wir auf die Zukunftsperspektiven der Landwirtschaft – und auf die Herausforderungen. Klimaschutz, Ressourcenschonung, Ernährungssicherung und Tierwohl sind verstärkt zu gewährleisten. Gleichzeitig nimmt die ausländische Konkurrenz zu, und die neue geopolitische Lage gefährdet Lieferketten. Wie definiert das Bundesagrarministerium hier seine Rolle? Gibt es ein Zielbild? Wir haben die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft. Angesichts der großen Herausforderungen und unter der Prämisse der Sicherung der Grundlagen unserer Lebensmittelversorgung müssen wir unsere Landwirtschaft so aufstellen, dass sie die Klimaschutzziele erreicht und ökologische sowie Tierwohlkriterien erfüllen kann. Dabei spielen Innovationen eine große Rolle. Die Landwirte müssen in die Situation versetzt werden, dass sie die Entscheidung treffen, den Hof weiterzuführen, um bei der Lebensmittelversorgung in unserem Land mitzuwirken. Dazu braucht es einen politischen Rahmen, um eine vielfältige, starke und nachhaltige Ernährungswirtschaft zu ermöglichen, die in die Zukunft schaut. Das muss das Ziel sein.
Zur Person
Silvia Breher (52) aus Lindern ist seit 2017 CDU-Bundestagsabgeordnete für Cloppenburg-Vechta. Sie hat stets das Direktmandat errungen.
Die Juristin ist seit November 2019 stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende.
Seit Mai 2025 ist sie Parlamentarische Agrar-Staatssekretärin.
Im September 2025 wurde sie zusätzlich zur Beauftragten der Bundesregierung für Tierschutz ernannt.
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