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Wenn die katholische Kirche weiter zweifelt, kann sie nur verlieren

Thema: Negativrekord bei den Kirchenaustritten – Mehr als eine halbe Million Menschen ist aus der katholischen Kirche ausgetreten. Die Reaktion von Bischof Genn darauf ist verwunderlich.

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Mehr als doppelt so viele Menschen wie im Vorjahr kehrten der katholischen Kirche 2022 im Bistum Münster den Rücken. Deutschlandweit sind im vergangenen Jahr über eine halbe Million Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Wer mag da nur noch von einer Austrittswelle sprechen?

Zwar ist vor Ort etwa die Anzahl an Gottesdienstteilnehmern gestiegen, doch ist das keineswegs ein Grund aufzuatmen. Vielmehr steckt dahinter das Ende der Corona-Pandemie. Die Reaktion auf die Austrittszahlen von Münsters Bischof, Dr. Felix Genn, fällt trocken aus. Mittelfristig werde man nichts an dem Trend ändern können. Glaube spiele im Leben der Menschen keine Rolle mehr. Und: Genn wolle mit den verbliebenen Gläubigen an der „Umkehr der Kirche mitwirken“. In den Aussagen kann man Realismus sehen. Doch es klingt auch ein Stück weit nach einer Selbstaufgabe.

Zwar hat sich der Bischof in der Vergangenheit wiederholt für Reformen – besonders mit Blick auf den Machtmissbrauch der Geistlichen – ausgesprochen. Doch reicht das? Die neuesten Austrittszahlen zeigen: Immer mehr Menschen, die bisher eng mit der Kirche verbunden waren, wenden sich von ihr ab. Dammes Pfarrer Heiner Zumdohme brachte es vor einiger Zeit auf den Punkt: „Die Volkskirche ist tot.“

"Wie sollen Gläubige an christliche Werte glauben, wenn selbst die Geistlichen sie nicht wahren?"

Jan-Christoph Scholz

Damit die (katholische) Kirche überhaupt eine nennenswerte Zukunft hat, muss sich die Institution Kirche dringend weiterentwickeln. Es ist aber ein Irrglaube, dass mit Reformen, wie mehr Macht für Frauen, die Kirche gerettet ist. Die Kirchenaustritte werden weiter steigen.

Das heißt im Umkehrschluss aber nicht: Eine lückenlose Aufklärung der Skandale, etwa um den inzwischen verstorbenen Papst Benedikt oder den Kölner Kardinal Woelki, darf vernachlässigt werden. Wie sollen Gläubige an christliche Werte glauben, wenn selbst die Geistlichen sie nicht wahren? Die Kirche schweigt viel zu oft und lässt Täter ungestraft davonkommen.

Daneben muss die Kirche die oft beschworenen caritativen Aufgaben, also die Hilfe für andere, in den Fokus ihrer Arbeit rücken. Das ist ein radikaler Schritt, doch fürs Überleben wird er nötig sein. Und: Hier braucht es einen Bischof, der mutig ist und vorangeht, und nicht einen Selbstzweifler.

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