Von Goethes Tod und Cloppenburgs Beleuchtung
Gästebuch: Goethes letzte Worte sollen "mehr Licht" gewesen sein. Ob das stimmt oder nicht, als Motto macht sich die Aussage gut.
Otto Höffmann | 17.06.2023
Gästebuch: Goethes letzte Worte sollen "mehr Licht" gewesen sein. Ob das stimmt oder nicht, als Motto macht sich die Aussage gut.
Otto Höffmann | 17.06.2023
„Mehr Licht“, soll Deutschlands wohl berühmtester Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe auf dem Sterbebett gehaucht haben, mit der Bitte, die Fensterläden aufzureißen. Ein geflügeltes Wort, das in die Geschichte eingegangen ist. Bevor wir uns dem Licht und seiner Bedeutung weiter zuwenden, muss leider bei Goethes angeblich schönem „letzten Wort“ eine Entzauberung erfolgen. Eines großen Dichters angemessen wäre sicherlich das oben zitierte letzte Wort eines des Meisters der deutschen Sprache gewesen. Licht im wirklichen Sinne. Licht im übertragenen Sinne. Doch bei genauerer Recherche entpuppt sich jedoch die bis 1928 gängige Anekdote, die von Goethes Freunden in die Welt gesetzt worden war, als Finte oder Ente. Sein Hausdiener notierte nämlich, der Herr habe kurz vor dem Ableben den „Botschamper“ erbeten, was sich vom französischen „pot de chambre“ für Nachttopf ableitet. Und diesen „Pott“ fest in der Hand haltend, sei der Weltliterat denn auch verschieden. So schreibt es der Journalist Hans Halter in seinem Buch „Ich habe meine Sache hier getan“. "Mehr Licht", das wäre auch schön gewesen. Vielleicht haben Cloppenburgs Ratsdamen und -herren an Goethes angeblich letztem Wort gedacht und ahnten nichts vom Nachttopf. Oder sie wollten dem schönen Sterbebett-Satz eine neue, eine andere und möglicherweise weniger profane Bedeutung beimessen. Jedenfalls wollen sie mehr Licht in die nächtliche Stadt bringen. Die dunklen Seiten Cloppenburgs ausleuchten, ans Tageslicht bringen und Aufhellendes verbreiten. Licht lockt Leute, sagte der Werbemann und schafft zahlreiche Spots. Wo Licht ist, ist auch Schatten, wirft der Philosoph ein. Mir geht ein Licht auf, ruft die Schlaumeierin. Das Licht hat Eingang gefunden in die allgemeine Sprache und steht symbolisch für das Helle, für die Zukunft, für Reinheit und Klarheit. Ins rechte Licht rücken wollen Cloppenburgs Rat und Verwaltung die Innenstadt und den Stadtpark. Raus aus der Dunkelheit. „Dat laot doch ne Kauh kossen“, sagt der Landmann und wundert sich nicht über die circa 300.000 Euro, die dieser Spaß und jene Freude verschlingen sollen. Europa hatte noch Geld, verrät der Ratsherr, und das musste weg. Das Amtsgericht sieht ja bunt am Abendhimmel auch noch romantischer aus als tagsüber. In Grün und Blau das Hauptgebäude, wo die bösen Buben und Mädels bestraft werden. Illuminiert verschönert sich die Erinnerung an schwarze Stunden immer mehr und mancher wird noch Monate von dem Urteilstag träumen. So schön kann Strafe sein. Gleich rechts daneben, das Nebengebäude in Rosa, Pink und leichtem Gelbton. Hier wird geschieden und getrennt, wird elterliche Sorge verteilt und Umgang angeordnet oder untersagt. Kaputt gegangene Ehen, mittags geschieden, wirken am Scheidungsabend dann leicht in Pink und Rosa angehaucht wie eine Erinnerung an schöne Zeiten, als unterm Sternenzelt in der Stadtmitte noch tausend Geigen hingen. Die abendliche Illumination verführt vielleicht zum neuen Versuch und lässt auf jeden Fall die Gefühle wieder aufleben, die am Hochzeitstag unterm Sternenzelt (Kostenpunkt 50.000 Euro) nur so dahinflossen und kein trauriges Ende im Haus mit der pinken Anstrahlung erahnen ließen. Da hat sich die Stadt doch mal was Schönes einfallen lassen. Bäume werden angestrahlt und geben Orientierung. Wichtig, sehr wichtig in dieser orientierungsarmen Zeit. Man schaut nach oben und nach vorn. Auf jeden Fall nicht zurück. Alles wird gut, sagt die Moderatorin und bleiben Sie gesund, der Redakteur. Wer die Unterhaltung der Sterne bezahlt, sagt keiner. Ob das in eine Energie sparende Zeit passt, auch nicht. Nur ein Spielverderber muss wieder an solche Gedanken erinnern. Stellen wir ihn also in eine dunkle Ecke und schalten dort den Strahler aus. Licht aus, Spot an, ruft Ilja Richter. Man folge der neuen Orientierung. Das Leben ist schön. Man muss es nur wollen.„Man schaut nach oben und nach vorn. Auf jeden Fall nicht zurück. Alles wird gut, sagt die Moderatorin und bleiben Sie gesund, der Redakteur.“Otto Höffmann
Abendliche Illumination verbessert die Stimmung
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