Vechta ist nicht Stammheim

Ein Hauch von 70er-Jahre lag am Sonntag über Vechta. Knapp zwei Handvoll Ultralinke bekundeten vor dem Frauengefängnis ihre Solidarität mit der inhaftierten Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette. Einen guten Pflastersteinwurf entfernt zeigte die bürgerliche Gesellschaft Flagge. Zum direkten Zusammenstoß kam es zum Glück nicht. Dafür sorgte schon das massive Polizeiaufgebot, das angesichts der Mini-Demo vor der Knastmauer fast schon surreal anmutete.

Vechta ist nicht Stammheim. Nachgeborenen dürfte es schwerfallen, die Gründe nachzuvollziehen, aus denen sich die teilweise vermummten Unterstützer auf den Weg in die Kreisstadt gemacht hatten. Die Veranstalterin hält Klette für eine politische Gefangene. Das ist hanebüchener Unsinn, der suggeriert, die Bundesrepublik sei im Prinzip eine Diktatur, nicht besser als Länder wie Belarus oder Russland. Tatsächlich ist Klettes RAF-Mitgliedschaft verjährt, die ihr zur Last gelegten Mord- und Sprengstoffanschläge sowie die Raubüberfälle, mit denen sie sich im Untergrund über Wasser hielt und offensichtlich ganz gut durchkam, dagegen nicht. 

Dass Menschen schon vor der Erfindung des Internets in ihren eigenen Blasen lebten und diese bis heute nicht verlassen haben, veranschaulichte die Kundgebung beispielhaft. In einem haben sie dennoch recht, auch wenn dies nichts mit Daniela Klette zu tun hat: Die Welt, in der wir leben, ist ein schreiend ungerechter Ort. Doch um ihn zu verbessern, helfen keine Panzerfäuste in der Altbauwohnung. Terror, ob von links oder rechts, bleibt stets Terror. Und der ist immer mörderisch.