Wie unsensibel, empathielos und sensationslüstern können Menschen eigentlich sein? Was haben sie davon, Schwerverletzte zu filmen und diese Bilder dann womöglich herumzuschicken oder im Internet zu veröffentlichen? Können sie sich wirklich nicht vorstellen, wie sich ein Unfallopfer dabei fühlt oder was diese Fotos und Videos bei Angehörigen auslösen können?
In Dinklage gab es am Mittwochmorgen drei Verletzte. Was treibt einen Jugendlichen dazu, an einer Unfallstelle nicht „nur“ anzuhalten und zu gaffen, sondern die Versorgung der Opfer auch noch zu filmen? Aus Polizeikreisen ist zu hören, dass das kein Einzelfall ist. Regelmäßig treffen Polizisten oder Rettungskräfte an Unfallorten auf Gaffer, die ihr Handy zücken. Worin hier die persönliche Befriedigung der Schaulustigen liegt, bleibt rätselhaft.
„Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst haben im Einsatz eigentlich Wichtigeres zu tun, als Gaffer zu sanktionieren – nämlich, Verletzten zu helfen oder Leben zu retten.“
Gaffer, die Verletzte und verunglückte Fahrzeuge fotografieren oder filmen, begehen eine Straftat und müssen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen. Es ist dabei egal, ob die Aufnahmen weitergegeben oder veröffentlicht werden. Der Gesetzesrahmen reicht also eigentlich aus. Oft scheitert aber die praktische Umsetzung. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst haben im Einsatz eigentlich Wichtigeres zu tun, als Gaffer zu sanktionieren – nämlich, Verletzten zu helfen oder Leben zu retten.
Ein bisschen kann aber auch jeder Einzelne in dieser Debatte tun: Fotos oder Videos von Unfallopfern nicht liken, schon gar nicht weiterverbreiten – und den Ersteller zur Rede stellen, statt ihm digital auch noch zu „applaudieren“. Schluss mit schaulustig. Schlimm genug, wenn die Gaffer nicht von allein darauf kommen.