Ich bin so viele Tiere
Kolumne: Wir alle kennen unser Sternzeichen. Manche von uns messen dem sogar einen hohen Wert bei. Am Ende sind wir alle Opfer eines psychologischen Effekts.
Carina Meyer | 04.09.2023
Kolumne: Wir alle kennen unser Sternzeichen. Manche von uns messen dem sogar einen hohen Wert bei. Am Ende sind wir alle Opfer eines psychologischen Effekts.
Carina Meyer | 04.09.2023
An dieser Stelle habe ich mich ja schon mehrfach über Homöopathie ausgelassen. Trotz besseres Wissen halten einige daran fest und argumentieren mit „Wer heilt, hat Recht“. Okay. Fakt ist: Globuli wirken nachweislich nicht über den Placebo-Effekt hinaus. Das könnte ich allerdings auch über Pommes behaupten. Wobei ich finde, dass man Pommes und Globuli nicht gut vergleichen kann. Wenn ich bei einer Erkältung Pommes esse, bin ich nach einigen Tagen nicht nur wieder gesund, sondern nach jeder Portion auch satt. Letzteres bin ich nach dem Einwerfen von ein paar Zuckerkügelchen – aka Globuli – nicht. Ergo: Pommes sind sogar noch besser als Globuli. Folgen Sie mir für mehr Gesundheitstipps. Aber Spaß beiseite. Wir sind einfach fasziniert von Übernatürlichem, Magie und Esoterik. Neben Homöopathie erfreut sich auch Astrologie großer Beliebtheit. Die meisten von uns wissen, dass es sich dabei lediglich um Aberglaube handelt und lesen Horoskope gerne zur eigenen Belustigung. Trotzdem lassen wir uns immer wieder von Horoskopen und Co. hinreißen. Vielleicht ist ja doch was dran? Ich beispielsweise bin Widder mit dem Aszendenten Skorpion (fragen Sie nicht, woher ich das weiß). Auf schicksal.com lese ich dazu in der Einleitung: „Widder Geborene mit dem Aszendenten Skorpion besitzen eine besondere Kraft und Macht. An die meisten Menschen mit dieser Kombination erinnert man sich noch lange nach ihrem Ableben. Sie machen einen großen Eindruck auf ihren Mitmenschen.“ Wer möchte sich nicht gerne in diesen Worten wiederfinden? Das klingt doch schmeichelhaft. Horoskope, Ergebnisse von Persönlichkeitstests – wieso halten wir die so oft für zutreffend? Ganz einfach: Dafür verantwortlich ist der sogenannte Barnum-Effekt, der nach dem Zirkusgründer P.T. Barnum (Filmtipp: „The Greatest Showman“) benannt ist. Dieser Effekt bezeichnet unsere Neigung, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person so zu interpretieren, dass wir sie als zutreffende Beschreibung empfinden. Sehr anschaulich hat der französische Psychologe Michel Gauquelin (1928 bis 1991) dies nachgewiesen. Er selbst war sogar zunächst ganz angetan von Astrologie und versuchte, ihre Validität nachzuweisen. 1968 schaltete er schließlich für ein Experiment ein Zeitungsinserat, in dem er die Erstellung kostenfreier, persönlicher Horoskope versprach. Hunderte meldeten sich daraufhin bei ihm – die wiederum alle den gleichen Text zugeschickt bekamen. Der Astrologe André Barbault verwendete für dieses Einheitshoroskop die Geburtsdaten des Serienmörders Marcel Petiot. Michel Gauquelin fragte die Versuchspersonen, ob sie sich in diesem Horoskop wiedererkennen würden. 94 Prozent der Befragten bejahten. Dieses Experiment wurde danach mehrfach wiederholt – mit ähnlichen Ergebnissen. Also, was lernen wir daraus? Wenn Sie sich das nächste Mal über das hitzige Gemüt eines Mitmenschen ärgern, entschuldigen Sie es nicht damit, dass sein Sternzeichen Widder ist. Es gibt nur 12 davon – es kann doch nicht nur 12 verschiedene Arten von Menschen geben. Aber haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass es daran liegen könnte, dass er darüber hinaus im Jahr des Pferds geboren wurde? Im Chinesischen gibt es ja diese Zwölf Erdzweige..."Horoskope, Ergebnisse von Persönlichkeitstests – wieso halten wir die so oft für zutreffend?"
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