In Löningen reißen Wölfe weiterhin Schafe. Vergangene Woche fand Deichschäfer Egbert Ostermann mehrere tote und zahlreiche verletzte Tiere entlang der Hase. Einige Kadaver schwammen sogar im Fluss. Für Ostermann sind diese Vorfälle trauriger Teil seines Alltags geworden. Abfinden mag er sich damit aber nicht.
Wie er seine rund 800 Schafe effektiv vor Angriffen abschirmen kann, bereitet Ostermann ebenso Kopfzerbrechen wie Wolfsberater Heinz Künnen. Am Wochenende waren auch Mitarbeiter des Umweltministeriums vor Ort, um sich ein Bild über die Lage zu machen. Die Zusammenarbeit zwischen Schäfer, Ministerium und Wolfsbüro hat sich inzwischen verbessert, sagt Künnen. „Alle sind an einer Lösung interessiert.“ Schließlich betreibt Ostermann mit seinen Schafen aktiven Deichschutz. Er steckt indes in einem Dilemma. Zwar muss er für den Schutz der Tiere sorgen. Das Ausfstellen meterhoher Zäuneist entlang der Hase ist indes schon aus Rücksicht auf Touristen und Angler kaum umsetzbar.
„Zuerst riss der Wolf nur Schafe, mittlerweile greift er auch andere Weidetiere an. Was kommt als Nächstes?“
Petra Appeldorn
Kein Wunder also, dass sich Ostermann und seine Berufskollegen in der Vergangenheit von der Politik ziemlich allein gelassen fühlten. Andere Weidehalter sind ebenfalls wütend. Sie haben daher eine Bürgerinitiative gegründet. Petra Appeldorn und Josef Woltermann aus Löningen gehören dazu. Ebenso Veronika Röwe aus Neuvrees. Alle drei haben Wölfe schon aus nächster Nähe gesehen. „Und zwar nicht im Zoo, sondern fast direkt vor der eigenen Haustür“, sagt Appeldorn. Sie sorgt sich um ihre Pferde. Doch nicht nur um sie. „Zuerst riss der Wolf nur Schafe, mittlerweile greift er auch andere Weidetiere an. Was kommt als Nächstes?“
Wolf traue sich inzwischen bis ins Löninger Stadtgebiet
Befürworter des Raubtieres - Appeldorn nennt sie ironisch „Wolfskuschler“ - argumentieren, dass Wölfe um Menschen instinktiv einen Bogen machen. Die Augustenfelderin glaubt nicht daran. Ähnlich würden es auch ihre Nachbarn sehen. „Schauen Sie sich um. Hier fährt abends kein Kind mit dem Rad herum. Auch gezeltet wird nicht mehr.“ Der Wolf traue sich inzwischen bis ins Löninger Stadtgebiet. Die jüngsten Attacken hätten ganz in der Nähe eines Schulweges stattgefunden. „Was ist, wenn da mal ein Kind steht?“, fragt Appeldorn.
Die Bürgerinitiative wirbt für einen fairen Umgang mit Wölfen, Menschen und Haustieren. Bislang seien die Letztgenannten davon aber ausgenommen worden, klagt Josef Woltermann. Er betreibt einen großen Ponyhof und hatte über Wochen unter den Folgen der Coronakrise zu leiden. Das Feriengeschäft läuft jetzt wieder gut, Woltermann ist zufrieden. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn seine jungen Gäste morgens ein totgebissenes Pony auf der Weide finden würden. „Die würden sich alle von ihren Eltern abholen lassen“, glaubt der Schelmkapper.
Bürger haben Angst vor Hybriden aus Wolf und Hund
Für den Wolf sehen die Aktivisten im Raum Löningen keinen Platz. „Er gehört da hin, wo es ausreichend Raum und Nahrung für ihn gibt, nicht in eine Kulturlandschaft“, sagt Petra Appeldorn. Von den Behörden fordert sie eine klare Regulierung der Bestände und vor allem mehr Transparenz. Den Ergebnissen der DNA-Proben trauen Appeldorn, Woltermann und Röwe jedenfalls nicht. Wichtig sei die Entnahme von B-Proben. Auch bezweifeln die Pferdehalter, dass es sich bei jedem Wolf um ein reinrassiges Tier handelt. Hybride aus Wölfen und Hunden seien aber noch gefährlicher, weil diese weniger Scheu vor dem Menschen hätten.
Die Öffentlichkeit zeige sich dem Thema gegenüber bisweilen gleichgültig, bedauert Josef Woltermann. Und Schäfer wie Egbert Ostermann avancierten mittlerweile zum Feindbild für Fanatiker. Die Bürgerinitiative möchte deshalb künftig stärker in Erscheinung treten. Zum Tag der offenen Weidehaltung Anfang September ist etwas geplant. Genaueres wird noch bekannt gegeben.