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Da pfeif mir doch einer ’ne Terz

Kolumne: Das Leben als Ernstfall – von Amseln, Papageien und fundamentalen Verständnisproblemen.

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Vor Kurzem, es muss so einer der ersten lauen Abende des Jahres gewesen sein, sitze ich auf der Terrasse und denke so vor mich hin. Was wiederum ziemlicher Unsinn ist. Also nicht das Sitzen auf der Terrasse, sondern die Formulierung „vor sich hin denken“. Ich kann wohl einen Teller mit einem Steak samt Ofenkartoffel vor mich hinstellen, ich kann mir auch ein Bier dazu vorstellen, aber was bitte ist „vor sich hin denken“? Kann ich auch hinter mir her denken? Und wie sieht das aus, wenn ich das alles so vor mich hin gedacht habe? Wer räumt das dann weg?

Vor kurzem also sitze ich auf der Terrasse und denke. Punkt. Fragen Sie mich jetzt nicht, was ich da so gedacht habe. Vielleicht an ein Steak mit Ofenkartoffel, vielleicht aber habe ich in Wirklichkeit auch gar nichts gedacht – eine Fähigkeit, die angeblich nur Männern zu eigen ist. Auf jeden Fall sitze ich also so auf Terrasse. Ohne Steak, ohne Pommes, ohne Bier. Und vermutlich ohne Gedanken.

Da fängt über mir eine Amsel an zu singen. Das kann man jetzt nicht beschreiben, das müssen Sie sich vorstellen. Als sie fertig ist, dauert es 2, vielleicht 3 Sekunden, und von etwas weiter weg kommt die Antwort. Und so geht das hin und her – und hin und her. Minutenlang, bis irgendwann „meine“ Amsel den Abflug macht. Was, denke ich mir (jetzt also wirklich), haben die zwei da gerade besprochen? Und wie? Ich mein’, so Vögel haben ja nicht in dem Sinne Worte, mit denen sie sich austauschen. Oder doch? „Haste gehört? Im Garten von dem Neubau da vorne soll es ganz viele tolle Regenwürmer geben!“ „Echt? Danke für den Tipp!“ „Gerne.“ „Pass übrigens auf, mit den Kirschen zwei Häuser weiter. Die sind noch nicht reif und machen furchtbaren Durchfall.“ „Ja, hab ich schon gemerkt. War kein schöner Tag. Und meine Vermieter müssen jetzt ihr Terrassendach putzen.“

„Der Papagei aber, er schweigt von da an für den Rest des Abends. Vermutlich habe ich ihn versehentlich aufs Übelste beschimpft.“

Ja, gut, so wird es wohl nicht sein, auch wenn unsere Kirschen tatsächlich noch nicht reif sind und das Terrassendach mal wieder gereinigt werden müsste.

3 Wochen später waren wir dann in den Niederlanden. In Holland, um genau zu sein, in einer netten Kneipe am Strand von Bloemendaal aan Zee. In dieser Kneipe gibt es einen Papagei, der die meiste Zeit des Tages still und friedlich auf einer Trennwand zwischen zwei Tischen sitzt. Bis er dann, an unserem letzten Abend, eine lupenreine Terz pfeift, a'-f' vermutlich. Ich als alter Vogelversteher (s. oben) pfeife natürlich zurück. Er antwortet mit der gleichen Tonfolge, ich auch. Meine Frau schaut schon etwas peinlich berührt, aber da muss sie jetzt durch.

Der Papagei wird gesprächiger, setzt mit drei, dann vier, dann fünf Tönen nach. Ich kann mithalten, bis er mich mit einer komplizierten Melodie matt setzt. Mein Versuch, adäquat zu antworten, kann nur als kläglich gescheitert bezeichnet werden. Der Papagei aber, er schweigt von da an für den Rest des Abends. Vermutlich habe ich ihn versehentlich aufs Übelste beschimpft. Kann passieren, wenn man sich in Fremdsprachen versucht, die man nicht beherrscht. Sorry, soll nicht wieder vorkommen.


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