Nur über sich selber zu reden, ist eigentlich nicht Silke Plaggenborgs Art, viel lieber spricht sie über das tolle Team in ihrem Unternehmen. Da die bescheidene Friesoytherin aber für den "Zukunftsmacherin"-Award der OM-Medien nominiert wurde und zum ausgewählten Kreis von 15 Frauen gehört, die den Preis gewinnen können, macht sie eine Ausnahme und erzählt auch von sich. Die 45-Jährige leitet gemeinsam mit ihrem Mann Stefan die in Ramsloh ansässige Firmengruppe Kurre.
Die Eckdaten ihres Werdegangs listet Plaggenborg trotz vieler Stationen schnell auf: Aufgewachsen in Friesoythe, Wirtschaftsabitur an der BBS Cloppenburg, Ausbildung zur Bankkauffrau in Osnabrück. Danach Studium des Wirtschaftsingenieurwesens mit Fachrichtung Bauwesen in Oldenburg und die Arbeit als Controllerin bei Airbus in Varel im Bereich Werkzeugbau. "Und dann kam das erste Kind", schildert die 45-Jährige den Lebenslauf vieler Frauen. Weil es ihren Mann beruflich dorthin führte, lebte die Familie für 2 Jahre in Nebraska, einem Bundesstaat im mittleren Westen der USA.
Seit fast 10 Jahren sind Stefan und Silke Plaggenborg selbstständig
Zurück in Deutschland folgte 2009 die große berufliche Veränderung. "Wir haben überlegt, wie wir uns entwickeln möchten", erinnert sich die Friesoytherin. „Sich selber etwas aufbauen“ – das sei schon immer ein Traum des Ehepaars gewesen. Während es auch aus Stuttgart ein Jobangebot gab, hätten sie eher zufällig mitbekommen, dass ein Unternehmen im Saterland eine Nachfolge sucht. Die Entscheidung fiel auf die Heimat, in der die Plaggenborgs sich verwurzelt fühlen.
Reinhold und Elisabeth Kurre hatten 1979 das Metallbauunternehmen gegründet, die Übergabe an ihre Nachfolger verlief schrittweise. Seit 2014 sind Stefan und Silke Plaggenborg alleinige Unternehmer der Firmengruppe, in der nun mehrere Betriebe zusammengeschlossen sind. Kurre kann mittlerweile mehr als 220 Mitarbeiter und 10.000 Quadratmeter Produktionsfläche vorweisen und hat sich zum Maschinenbauunternehmen mit dem Schwerpunkt Kabelindustriemaschinen gewandelt.
Die Maschinen, auf denen spezielle Kabel gefertigt werden, sind fast vollständig in Ramsloh gebaut und weltweit im Einsatz, berichtet Silke Plaggenborg stolz. Zu ihren Aufgaben im Unternehmen gehört die kaufmännische Leitung, Personalführung, Strategie und Öffentlichkeitsarbeit. Auch die Betreuung von Auszubildenden und dualen Studierenden hat sie sich auf die Fahne geschrieben. Sie war Teil des Organisationsteams der ersten Ausbildungsbörse Saterlands. "Eigentlich viele Themen, die sonst untergehen", lacht Plaggenborg. "Als Bindeglied bis zur guten Seele" wird die 45-Jährige von ihren Kolleginnen und Kollegen beschrieben.
Doch in diese Rolle musste sie erst reinwachsen: In jungen Jahren ohne viel Erfahrung plötzlich Führungskraft – das war herausfordernd, verrät Plaggenborg. Vor allem ihre Bankausbildung und das erworbene Wirtschaftswissen, aber auch ihr bauliches Verständnis halfen. Dass sie nun nicht mehr das macht, was sie früher gelernt hat, stört Plaggenborg nicht. "Früher hätte ich gesagt, mit Zahlen zu jonglieren macht mir mehr Spaß, aber jetzt freue ich mich sehr, wenn wir den richtigen Mitarbeiter oder eine gute Werbung gefunden haben."
„Ich finde es wichtig, Verantwortung zu übernehmen.“Silke Plaggenborg, Kurre-Geschäftsführerin
In der Männerdomäne des Maschinen- und Metallbaus habe sie als Frau nie Probleme gehabt, erzählt Plaggenborg. Eher im Gegenteil: "Ich wurde immer voll akzeptiert und habe von allen die nötige Unterstützung bekommen", so die Geschäftsführerin. Trotzdem, ein Netzwerk, in dem Frauen sich untereinander austauschen, hätte sie sich zu Anfangszeiten schon gewünscht. Deswegen begeistert Plaggenborg die Idee hinter der "Zukunftsmacherin" auch so. "Alle haben die gleichen Probleme, darüber zu reden hilft", weiß Plaggenborg.
Anderen Frauen würde sie raten, "nicht unbedingt den vorgegebenen Weg zu gehen", sondern auch nach neuen Möglichkeiten zu suchen. "Beharrlich, aber flexibel" zu sein, lautet Plaggenborgs Tipp. Flexibilität sei auch das Stichwort, um vier Kinder und ein Unternehmen unter einen Hut zu bekommen, als Selbstständige lasse sich die Zeit freier einteilen. Doch die Trennung von Job und Privatleben ist nicht leicht, gibt Plaggenborg zu. Oftmals fühle es sich an, als wäre die Firma "das fünfte Kind zu Hause".
In den seltenen Momenten für sich verbringt die 45-Jährige ihre Zeit gerne im Garten oder spielt hobbymäßig im Verein Völkerball, um sich auszupowern. Wenn sie in Zukunft mehr Freizeit hat, würde sie sich gerne im Hospizdienst engagieren. "Ich finde es wichtig, Verantwortung zu übernehmen", erläutert die Friesoytherin. Deswegen spende auch die Firmengruppe regelmäßig Geld für den guten Zweck. "Ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben", sagt Plaggenborg.
Hintergrund:
- Die OM-Medien zeichnen 2023 zum zweiten Mal eine Entscheiderin aus dem Oldenburger Münsterland, die in besonderer Weise die gesellschaftliche Entwicklung vorantreibt, mit dem Award "OM-Zukunftsmacherin“ aus.
- Die Auszeichnung findet am 29. Juni in Thüle statt. Gesucht wird aus 100 Kandidatinnen eine Nachfolgerin für Sarah Dhem aus Lastrup, die 2022 den Preis entgegengenommen hat.
- Alles zur Vorgeschichte, zur Jury und zu Vernetzungsmöglichkeiten finden Sie hier.