OM-Zukunftsmacherin 2023: "Ich bin nicht streng, aber konsequent"
Fatma Kul führt als Teamleiterin bei der Firma Grimme in Damme in der Logistik 30 Mitarbeitende. Respekt und Anerkennung hat sie sich selbst erarbeitet.
Tanja Schulte-Saß | 24.06.2023
Fatma Kul führt als Teamleiterin bei der Firma Grimme in Damme in der Logistik 30 Mitarbeitende. Respekt und Anerkennung hat sie sich selbst erarbeitet.
Tanja Schulte-Saß | 24.06.2023
Liebt ihre Arbeit: Fatma Kul ist seit 2019 Teamleiterin im Logistikbereich bei der Firma Grimme. Foto: T. Schulte-Saß
„Ich hatte keine genauen Vorstellungen, welchen beruflichen Weg ich einschlagen möchte. Wenn ich mir die Entwicklung jedoch heute rückblickend anschaue, hätte ich es mir so nie gedacht“, erzählt Fatma Kul. Heute arbeitet die junge Frau als Teamleiterin in der Logistik bei der Grimme Landmaschinenfabrik und führt ein Team mit circa 30 Kollegen. Dabei hat sich ihr Weg durch Zufälle und glückliche Fügungen entwickelt. Um nach dem Abitur zunächst Geld zu verdienen, arbeitete die 40-Jährige als Produktionshelferin in einer Osnabrücker Eisfabrik. Hier wurde ihr schließlich ein Ausbildungsplatz angeboten. Obwohl sie mit der Zeit feststellte, dass es ihr nicht lag, „habe ich die Ausbildung zur Fachkraft für Lebensmitteltechnik durchgezogen“, erzählt sie und fügt hinzu. „Wenn ich etwas anfange, bringe ich es auch zu Ende.“ Eine Eigenschaft, die Fatma Kul auch in ihrem weiteren Berufsleben immer wieder an den Tag legt. Auf verschiedenen beruflichen Zwischenstationen – unter anderem im Logistikbereich – ist die gebürtige Osnabrückerin „step by step“auf der Karriereleiter aufgestiegen. „Fatma macht bei uns einen sehr guten Job in einem Bereich, der eigentlich mehr eine Männerdomäne ist“, sagt Christine Grimme und fügt hinzu. „In den Bereichen, in denen Frauen bei der Firma Grimme tätig sind, hat sich das Klima positiv verändert.“ Dem stimmt auch Fernando Charbonnier, Leiter der Logistik und Fatmas Chef, zu. Er ist sehr glücklich, sie in seinem Team zu wissen. „Powerfrauen wie Fatma sind eine Bereicherung“, fügt er hinzu. Die Mischung aus Alt und Jung, aber auch aus Männern und Frauen mache es zudem aus. Fatma hat an verschiedenen Stationen auf ihrem beruflichen Weg – zunächst in der Kommissionierung, dann als Vorarbeiterin mit Teamverantwortung – viel Erfahrung gesammelt und die nötige Qualifikation mitgebracht. Berufsbegleitend nimmt sie über 3 Jahre lang an der Weiterbildung zur Logistikmeisterin teil. Seit dem erfolgreichen Abschluss engagiert sie sich zudem ehrenamtlich als Prüferin bei der IHK Osnabrück im Prüfungsausschuss „Fachkraft für Lagerlogistik“. Seit 2019 gehört sie der Firma Grimme an. „Sie hat in ihrer Funktion als Teamleiterin eine klare Vision und eine gute Art, ihr Team zu führen“, schätzt Fernando Charbonnier ihre Arbeit. Ihr Führungsstil war anfangs zwar etwas härter, mittlerweile geht sie aber auch individuell auf die einzelnen Mitarbeiter ein. „Ich führe situativ, auf den Mitarbeiter bezogen – nicht autoritär, nicht kooperativ, sondern individuell auf den jeweiligen Kollegen abgestimmt. Aber immer fair“, sagt sie. „Ich pushe und möchte Veränderungen vorantreiben.“ „Fatma ist eine geborene Führungskraft – durchsetzungsstark und konsequent“, ist ihr Chef überzeugt. „Delegieren, führen und Mitarbeiter motivieren muss man können, fügt er hinzu. Das ist eine ihrer Stärken; nicht jeder ist dafür gemacht“. Die selbstbewusste Frau hat sich mit ihrem Durchsetzungsvermögen und ihrer starken Persönlichkeit die notwendige Akzeptanz und den Respekt erarbeitet. „Alles funktioniert nur, wenn die Mitarbeiter schlussendlich bereit sind, den gleichen Weg zu gehen. Ich wachse nach wie vor an meinen Aufgaben“, sagt sie. „Ich wirke oft streng, das bin ich aber nicht. Ich bin konsequent, das ist ein Unterschied“, fügt Fatma Kul hinzu. Dass sie in ihrer Position als Teamleiterin in der Logistik akzeptiert wird, war nicht von Anbeginn so. „Das war ein Prozess, den alle – meine Mitarbeiter und ich – durchlaufen mussten.“ Nicht aufzugeben, diese Eigenschaft kommt ihr hier zugute. „Ich musste mich zunächst behaupten. Es war anfangs nicht immer einfach und ich musste härter durchgreifen, mittlerweile werde ich und werden meine Entscheidungen nicht mehr infrage gestellt“, sagt die junge Frau. Zweifel hatte sie aber nie. „Das Handtuch werfen kommt für mich nicht infrage!“ Es liegt in ihrem Naturell, dass sie eine gute Portion Selbstbewusstsein mitbringt. „Ich kam von außen in das Unternehmen, habe sofort die Führung eines Teams mit überwiegend männlichen Kollegen übernommen und habe einen ausländischen Hintergrund, daran mussten sich einige langjährige Mitarbeiter zunächst gewöhnen.“ Fatma Kul ist in Deutschland geboren, ihre familiären Wurzeln liegen in der Türkei. Auch mit Lieferanten macht die Teamleiterin immer wieder die Erfahrung, dass sie als Frau in ihrem Bereich nicht ernst genommen wird. Hier reagiert sie dann mit ihrer konsequenten Art. Ein großer Vorteil, den Fatma von Natur aus mitbringt; sie belastet sich nicht und kann abschalten. „Ich kann gut Feierabend machen und zwischen Privat- und Berufsleben unterscheiden“, sagt sie. Auch wenn der Start schwierig war, hat sich mit der Zeit alles sehr gut eingespielt. „Ausdauer ist an dieser Stelle sehr wichtig“, sagt die Teamleiterin. „Wir arbeiten auf vertrauens- voller Basis, das ist sehr wichtig. Ich komme gerne zur Arbeit“, sagt sie. „Das spiegelt sich auch bei den Mitarbeitern wider“, ist sie sich sicher. Fatma Kul hat meist in Bereichen gearbeitet, in denen Männer in der Überzahl waren. „Ich hatte immer das Gefühl, als Frau härter arbeiten zu müssen, um mir Respekt und Anerkennung zu verdienen und um gleichberechtigt behandelt zu werden. Ich war aber auch immer der Meinung, dass ich gut mithalten konnte.“Alle Informationen zur Zukunftsmacherin 2023 finden Sie auf unserer Themenseite.
"Das Handtuch werfen kommt für mich nicht infrage!"Fatma Kul
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