Zeitgleich stattfindende Krisen, komplexere Tätigkeiten in Echtzeit samt entgrenzter, mobiler Arbeit: Trotz all der Belastungen kommen wir uns abends noch komisch vor, wenn wir mal ohne verspannten Nacken oder Kopfschmerzen in den Feierabend starten. "Hab ich mich heute zu wenig angestrengt?"
Trotz Quiet Quitting (also im Beruf nur noch so viel zu tun, wie nur nötig), des Rufes nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, der Forderung nach einer 4-Tage-Woche und damit einer besseren Balance zwischen Arbeit und Privatleben ist Erwerbsarbeit nach wie vor identitätsstiftend. Daran ist grundsätzlich nichts falsch oder schlecht. Im Gegenteil. Wer in seiner Arbeit aufgeht, kommt letztlich einer Berufung nach, nicht einem Job.
"Eine Universallösung für die Leiden gibt es nicht. Einfache Schritte wie mehr Wertschätzung, Flexibilität und neue Arbeitsmodelle können jedoch ein wenig Abhilfe leisten."
Dennoch nehmen die Schattenseiten eines unserer Hauptidentifikationsmerkmale zu – lesbar in Form von körperlichen und psychischen Erkrankungen. Mit Blick auf den Fachkräftemangel, mitunter bedingt durch unsere immer älter werdende Gesellschaft, ist diese Entwicklung nicht nur besorgniserregend, sondern alarmierend: Die Arbeit derjenigen, die ausfallen, muss von anderen kompensiert werden. Diese Teufelsspirale ist nur eine Momentaufnahme – und damit schon kein gutes Omen.
Arbeitgeber sowie der Staat täten gut daran, den Negativtrend ernstzunehmen. Eine Universallösung für die Leiden gibt es nicht. Einfache Schritte wie mehr Wertschätzung, Flexibilität und neue Arbeitsmodelle können jedoch ein wenig Abhilfe leisten – nicht nur für Arbeitnehmer. Dafür bedarf es einer Kommunikation auf Augenhöhe, damit Erwerbsarbeit im Sinne aller positiv identitätsstiftend bleibt.