Die Beleuchtung macht’s: Auch ein Masthuhn will sich sauwohl fühlen
Im Geflügelstall spielt das Licht für das Tierwohl wie auch für die Ökonomie eine große Rolle. Beim Stallspezialisten Big Dutchman forschen vier Ingenieure im Bereich Beleuchtung.
Licht ist nicht gleich Licht: Dass die Beleuchtung für das Tierwohl im Geflügelstall eine herausragende Bedeutung hat, das wissen die beiden bei Big Dutchman tätigen Elektroingenieure (von links) Nils Neugebauer und Dr. Gurubaran Raveendran. Foto: Kühn
Es sind elementare Forderungen in der Debatte um das Tierwohl in der modernen Mastgeflügel- und Legehennenhaltung: mehr Platz, mehr Auslauf für das Individuum sowie Beschäftigungsmöglichkeiten für Huhn und Pute. Auch das Klima im Stall gilt es zu beachten, hat es doch konkreten Einfluss auf Körpergewicht und Legeleistung. Die von Gesetzgeber und Verbraucher geforderten Tierwohlkriterien haben inzwischen längst ihre Umsetzung in modernen Stallkonzeptionen gefunden. Damit sich Geflügel allerdings rundum sauwohl fühlt, ohne Stress auf Umgebung und Artgenossen reagiert, braucht es auch die richtige Beleuchtung. Beim Stallspezialisten Big Dutchman in Vechta-Calveslage forschen inzwischen vier Ingenieure in diesem Bereich.
„Früher hat man einfach eine Leuchte in den Hühnerstall gehängt“, erklärt der den Forschungsbereich Beleuchtung bei Big Dutchman verantwortende Elektroingenieur Nils Neugebauer. Tag und Nacht habe der Landwirt simuliert, indem er das Licht im Stall „an- und ausgeschaltet hat. Das ist längst vorbei. Heute simulieren wir über unsere Leuchten den Sonnenauf- und Sonnenuntergang.“ Wie in der Natur werde das Licht abgedimmt – bis hin zur „Nacht. Und die ist im Stall mit unter 1 Prozent Restlicht wirklich dunkel“.
Wichtiges Gerät für die Forschungsingenieure bei Big Dutchman: das Goniometer. Foto: Big Dutchman
Mit modernen Lichtquellen könne die Herde im Stall „gelenkt“ werden, so Neugebauer. Die Tiere werden über die Einstellung der Beleuchtung zu ihren Schlaf-, Futter- oder Kotplätzen „geführt“. In seiner Forschung bedient sich das Team um den 44-Jährigen deshalb unter anderem eines Goniometers, mit dessen Hilfe die Beleuchtung in einem Stall bis in den letzten Raumwinkel im 3D-Modus simuliert und erprobt werden kann. Womit „Winkel“ tatsächlich auch mathematisch gemeint ist. Der richtige Einfallwinkel des (künstlichen) Lichts im Stall spielt eine ebenso große Rolle wie dessen Beleuchtungsstärke.
Um sich natürlichen Lichtgegebenheiten so real wie möglich annähern zu können, betreibt man im wahrsten Sinne „Feldforschung“. So habe man zum Beispiel ein Jahr lang, über alle Jahreszeiten hinweg, die Lichtverhältnisse an einem Waldrand aufgezeichnet, erzählt Neugebauer. Auf dieser Grundlage könne man nun „Licht aus dem natürlichen Lebensraum des Geflügels nachahmen“.
Für das Wohlbefinden des Geflügels ist laut Neugebauers Kollegen Dr. Gurubaran Raveendran das Licht im Stall elementar. Der Elektroingenieur ist über ein gemeinsames Forschungsprojekt zur Optimierung des Lichtmanagements in der Haltung von Mastputen zum Calveslager Stallspezialisten gekommen. Im Projekt hatten die Hochschule Hannover, das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Celle und Big Dutchman zusammengearbeitet.
Über seine auf diesem Projekt aufbauende Dissertation forschte Raveendran weiter an einer kontinuierlichen, kontaktlosen, echtzeitbasierten sowie KI-gestützten Überwachung der Aktivität und der Bewegungsmuster von Mastputen. Über die Echtzeit-Analyse des Verhaltens der Tiere im Stall lässt sich so zum Beispiel darauf schließen, wie es um den Gesundheitszustand einer Herde steht. Gerade wurde der 30-Jährige vom Verbund Transformationsforschung agrar Niedersachsen (trafo:agrar) mit dem Nachwuchspreis für seine Forschung und die praxisorientierte Umsetzung seiner Erkenntnisse ausgezeichnet.
Gurubaran Raveendran (5. von links) bei der Verleihung des Nachwuchspreises des Verbunds Transformationsforschung agrar Niedersachsen (trafo:agrar). Foto: Big Dutchman
Falsche künstliche Beleuchtung habe unmittelbaren Einfluss auf die Leistung der Tiere, weiß Raveendran. So verursachen etwa Lichtquellen, die zu viel „flackern“, großen Stress beim Geflügel. Moderne Lichtkonzepte, die für jeden von Big Dutchman gelieferten Stall individualisiert werden können, berücksichtigen das im Vergleich zum Menschen herausragende Sehvermögen von Huhn und Pute, die neben Rot, Grün und Blau auch die für den Menschen unsichtbaren UV-Anteile im Licht „erkennen“ können.
Mithilfe moderner Leuchtmittel, die Ergebnis der Forschung in Calveslage sind, kann das Spektrum des Lichts im Stall mittlerweile in seiner Wellenlänge (Lichtfarbe), in der Helligkeit (Beleuchtungsstärke in Lux), der Beleuchtungsdauer (Tageslänge) und seiner Flimmerfrequenz (Flackern) gesteuert werden. Der Tierhalter benutzt dafür eine App. Richtige Beleuchtung bedeute nicht nur einen Gewinn in Sachen Tierwohl, sondern habe auch Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Haltung, sagt Raveendran.
Blick in einen Hähnchen-Maststall: Das Lichtkonzept in der Haltung trägt unmittelbar zum Tierwohl bei. Foto: Big Dutchman
Bisher sei Licht-Steuerung noch weitgehend „Bauchgefühl“, erklärt der 30-Jährige, der seine Forschungen noch nicht am Ende sieht: „Sensoren haben wir mittlerweile sehr viele im Stall – deren Steuerung ist die Kunst. Bisher ist der Einsatz von Licht in der Geflügelhaltung immer noch sehr statisch.“ Und verweist mit diesem Hinweis darauf, dass man jetzt zwar im Bereich Hähnchen und Pute erste Forschungsergebnisse in die Praxis umsetzen könne, Legehennen aber schon wieder ganz anders auf Lichteinsatz reagieren: „Da stehen wir noch am Anfang.“ Der Job des jungen Forschers dürfte also auch weiterhin gesichert sein.
Info: Die Big Dutchman AG, internationaler Marktführer für Stalleinrichtungen (Geflügel und Schwein), wird mit weiteren regionalen Playern am 1. OM-Forum Landwirtschaft von OM-Medien teilnehmen. Es findet am 30. September (Dienstag), ab 17.30 Uhr, im OM-Medienhaus im Ecopark Emstek statt. Eintrittskarten können unter http://om-online.de/agrarforum erworben werden.
Die Veranstaltung OM-Forum Landwirtschaft wird Ihnen präsentiert mit freundlicher Unterstützung von:
Gut und kompakt informiert zum Feierabend: Abonnieren Sie jetzt kostenlos unseren neuen WhatsApp-Kanal und erhalten den Newsletter „N'Abend, Oldenburger Münsterland“. Und nicht vergessen, die Benachrichtigungen auf dem Glocken-Symbol zu aktivieren! Hier geht es direkt zum WhatsApp-Kanal.
Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen