Nicht vegan, dafür aber lecker: In der Gaststätte Jakobi in Groß Roscharden serviert Magda Jakobi auch kurz vor ihrem 89. Geburtstag eine Spezialität des Oldenburger Münsterlandes: Wurstebrot mit Götte. Den besonderen Gaumenschmaus ließen sich jetzt die Mitglieder des seit 42 Jahren bestehenden Doppelkopf-Clubs aus der Lastruper Gebrüder-Grimm-Straße schmecken.
In Groß Roscharden leben noch einige Bauern mit und vor allem von der Landwirtschaft. Früher gab es hier Schweine und Kühe auf jedem Hof, jetzt nur vereinzelt, auch Puten. Das erste grüne Ortsschild taucht schon im Rückspiegel auf, wenn das nächste in den Blick gerät. Hier wusste vor einem Jahr jeder, wer gerade Corona hatte. Auch freudigere Nachrichten verbreiten sich schnell. Der Briefkasten wird schon morgens um 9 Uhr bei Jakobi geleert. 150 Einwohner hat der Ort, dafür aber einen Flughafen – allerdings nur für Modellflugzeuge. Ernst Jakobi, ein Viehhändler, gründete einst die Dorfkneipe, die bis heute treue Stammkunden hat.
Seine Frau steht noch immer am Herd. Frisch und munter und stets mit einem lockeren Spruch auf den Lippen serviert die alte Dame die deftige Mahlzeit. Die Kartenfreunde greifen beherzt zu. „Ihr habt ja Appetit“, staunt sie und marschiert in die Küche zurück, um noch einen weiteren Teller zu holen.
Grützwurst wird auch mit Marmelade gegessen
Wurstebrot ist eigentlich eine Grützwurst. Warmes Blut wird mit Wurstbrühe, Speck und Roggenschrot vermischt und zu einem Laib gekocht. Schinkenabschnitte oder Fleisch aus dem Schweinskopf dürften es auch sein, verrät Heinz Wichmann, ein Wurstspezialist in der Runde mit 50-jähriger Erfahrung als Fleischermeister. „Und die Götte ist eigentlich das Gleiche – nur ohne Blut“, ergänzt Magda Jacobi. Jedenfalls müsse das durchgedrehte Schweinefleisch vermengt und pikant gewürzt werden.
Häufig wird Wurstebrot in dicke Scheiben geschnitten, in der Pfanne gebraten und dann direkt daraus gegessen. Manche ergänzen das kross gewordene „Brot“ mit Scheiben süßer Apfelsorten. Ganz Hartgesottene streichen Marmelade drauf. Im Raum Quakenbrück reicht man dazu mit reichlich Butter bestrichenes Schwarzbrot.
Ein paar hundert Meter von der Kneipe entfernt wohnt Sarah Dehm. Die Unternehmerin ist Präsidentin des Bundesverbandes der Fleischwarenindustrie. Ihre Branche stellt jährlich 1,5 Millionen Tonnen Fleisch- und Wurstprodukte her. Kürzlich hat Dehm Bundespolitiker nach ihren liebsten Sorten gefragt. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Silvia Breher empfahl Wurstebrot mit Götte. „Den Geruch und den Geschmack verbinde ich mit meinen Großeltern“, sagte sie zur Begründung. Mit dem Grünen-Agrarexperten Friedrich Ostendorff war sie sich außerdem darin einig, dass das Gericht ein gutes Beispiel dafür ist, wie sich Lebensmittel vollständig verwerten lassen.
Die Kartenspieler mischen nach dem Essen weiter. 500 Abende mit rund 30.000 Spielen haben sie in den vergangenen 42 Jahren absolviert. Und wie hat die Götte geschmeckt? „Super, wie immer“, sagt Alfons Zwirchmaier. Er hat fürs nächste Jahr das Gleiche bestellt. Dann wird Magda Jakobi 90. „Einmal mache ich das noch“, verspricht die Gastgeberin und schenkt eine Runde Korn aus.