Es ist an Zynismus kaum zu überbieten: Während das UN-Flüchtlingshilfswerk eine durch Krisen bedingte Rekordzahl an Geflüchteten vermeldet, sinkt nur wenige Tage nach dem Asylgipfel der EU-Innenminister zum Beschluss einer neuen "Festung Europa" ein Boot mit Migranten vor der griechischen Küste.
Das Resultat: Etliche Tote, ein kurzes mediales und politisches Echo. Wenige Tage oder Wochen nach dem Unglück verpufft dann wieder eine unter etlichen noch folgenden Katastrophenmeldungen. Das Perverse: Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, die sich im Zuge des Klimawandels noch rasant verschärfen wird.
"Um im zynischen Schreibstil zu bleiben: Das muss Nächstenliebe sein."
Max Meyer
Und was macht die EU? Fragt sich, ob wir uns Geflüchtete noch leisten können. Die Antwort ist eindeutig: ein radikal eingeschränktes Asylrecht, abgeklärt an den Grenzen der Union, menschenunwürdig und, egoistisch gesprochen, mit wenig Weitsicht. Mehr Zäune und Mauern, ergo Abschreckung statt geregelter Zuwanderung und Integration. Stattdessen können sich Staaten von Geflüchteten freikaufen. Ich wiederhole mich: Es ist an Zynismus kaum zu überbieten.
Das Deprimierende: Die Zahl der Menschen, die ihr Herkunftsland gezwungenermaßen in den kommenden 50 Jahren in Richtung Europa verlassen werden, wird rasant ansteigen. Nach der Kraftanstrengung von 2015 ist Europa allerdings Menschenrechte satt. Die Bilder, die sich im Mittelmeer häufen, müssen wir aushalten, meinte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Um im zynischen Schreibstil zu bleiben: Das muss Nächstenliebe sein.
Und zum krönenden Abschluss: 2012 erhielt die Europäische Union den Friedensnobelpreis. Vielleicht wäre es an der Zeit, ihn wieder zurückzugeben.