Es ist viel darüber geschrieben und diskutiert worden, wie das Vorgehen von Friedrich Merz am vergangenen Mittwoch im Bundestag zu bewerten ist. Die anhaltende öffentliche Debatte um den Fünf-Punkte-Plan mit den verschärften Regeln zur Migration dreht sich – völlig zu Recht – insbesondere auch um die zentrale Frage, wie die Union es tatsächlich mit der Brandmauer zur AfD hält. Schließlich hat die Fraktion der in Teilen als rechtsextrem eingestuften AfD erstmals die Rolle der Mehrheitsbeschafferin eingenommen – für die Union.
Wie vertrauenswürdig ist der Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzende Merz? Auch diese Frage beschäftigt Deutschland und wohl auch weite Teile der Europäischen Union. Dass dadurch die Inhalte des Entschließungsantrags – der als solcher politisch folgenlos bleibt – in der Diskussion in den Hintergrund geraten, das hätte Merz im Vorfeld klar sein müssen. Er hat es bevorzugt, aktionistisch zu handeln, auf volles Risiko zu spielen – im Alleingang, allenfalls in Absprache mit wenigen Vertrauten, aber an der Basis der CDU, deren Vorsitzender er ist, völlig vorbei.
„Die CDU droht zum Kanzlerwahlverein zu werden.“
Genau über diesen so wichtigen Aspekt ist bislang gar nichts geschrieben und gesagt worden. Aber er ist eine bedeutende Schicht in dem ganzen Komplex rund um den Fünf-Punkte-Plan der Union zur Migration. Denn es zeigt sich: Mit Merz hat sich die CDU wohl mehr verändert, als es der Basis geheuer sein kann. Merz hat mit seiner mehr oder weniger einsam getroffenen Entscheidung auch eine enorme Drucksituation für die Delegierten des CDU-Parteitags geschaffen: Es blieb ihnen keine andere Wahl, als ihm laut und lang zuzujubeln, der Öffentlichkeit zu demonstrieren, wie geschlossen die Partei gerade jetzt so kurz vor der Wahl angeblich ist – obwohl der Chef ohne Not eine Brandmauer-Debatte provoziert hat, die die CDU in Erklärungsbedrängnis bringt.
Diese Alternativlosigkeit, die Merz seiner Partei aufgebürdet hat, die die Basis zum widerspruchslosen Rückhalt geradezu zwingt, zeigt: Die CDU droht zum Kanzlerwahlverein zu werden. Das ist etwas, gegen das die Basis sich immer gewehrt hat – in aller Selbstbewusstheit. Nun also ein Zwang zur Wagenburg und zur Akklamation – und damit zur Unterstützung eines Gebarens von Merz, das einer Haltung gleicht, die als Cäsarismus bezeichnet werden kann. Das kann der CDU auf Dauer nicht guttun. Und die Debatte darüber muss parteiintern geführt werden – auch zum Wohle der Republik.