Wir kennen die Szenen aus autoritären Staaten, aus China, afrikanischen Ländern, aus Ungarn 1956, Rumänien 1989 oder Kiew 2013/14. Auch demokratische Staaten kennen harte Auseinandersetzungen zwischen Bürgern und Staatsgewalt. Bei der Gelbwestenbewegung in Frankreich äußerte sich die UN besorgt über Polizeigewalt, beim Katalonien-Referendum in Spanien ging die Polizei mit Gewalt gegen Wähler und Wahlhelfer vor, auch in Los Angeles kam es immer wieder zur Eskalation.
Heute aber haben wir es mit einer anderen Qualität zu tun. Nicht das Volk will eine andere Staatsform, sondern der Präsident. Anders ist es nicht zu erklären, warum Donald Trump gegen vergleichsweise überschaubare Proteste rechtswidrig die Nationalgarde und das Militär nach Kalifornien beordert.
„Der US-Präsident ist in seiner zweiten Amtszeit ungehemmter als in den Jahren 2016 bis 2020.“
Trump steht, man muss es so sagen, mit der Demokratie auf Kriegsfuß. Schon sein Mantra, das Wahlergebnis 2020 sei zu seinen Ungunsten gefälscht worden, ging in diese Richtung. Dass er sich nicht um Gewaltenteilung und Gerichtsurteile schert, hat er bereits hinlänglich bewiesen. Und jetzt das weit überzogene Vorgehen gegen Proteste, die erst durch sein Eingreifen völlig aus dem Ruder liefen.
Der US-Präsident ist in seiner zweiten Amtszeit ungehemmter als in den Jahren 2016 bis 2020. Und er hat möglicherweise ein exaktes Drehbuch im Kopf: Auf weitere Proteste in liberalen Städten und Bundesstaaten könnte der landesweite Einsatz des Militärs folgen. Diese Auseinandersetzungen könnte er dann zum Anlass nehmen, den Notstand auszurufen und auf dieser Basis Wahlen auszusetzen.
Unwahrscheinlich, unrealistisch, unmöglich? Im Juli 2024 sagte Donald Trump auf einer Wahlkampfveranstaltung sinngemäß, wenn man ihn jetzt wähle, müsse man 4 Jahre später nicht mehr wählen. „You won't have to vote anymore“, war laut Reuters der genaue Wortlaut. Schwarzmalerei? Dystopie? Möglicherweise, hoffentlich. Aber wir reden hier von Donald Trump. Bye, Bye, Liberty...