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Die Krokodilstränen von AfD und Linken

Thema: Entscheidungen im alten Bundestag – Zwei der drei Oppositionsparteien des neuen Bundestags klagen. Dabei ist das Vorgehen von CDU/CSU und SPD rechtens. Verständlich ist es dennoch.

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Die Empörung von AfD und Linken darüber, dass Friedrich Merz schnell noch den alten Bundestag über sein monströses Schuldenprogramm entscheiden lassen will, ist unberechtigt. Denn der alte Bundestag darf nach dem Grundgesetz mit vollem Recht noch Beschlüsse fassen, bis der neue sich konstituiert hat. Es gibt keine Lücke in der Führung des Staates und in der Gesetzgebung.

Im Übrigen: Das, was jetzt beschlossen werden soll, hätte auch schon kurz vor der Wahl beschlossen werden können. SPD und Grüne wollten es immer. Nur erklärte die Union damals, man brauche keine neuen Schulden. Dieses Glaubwürdigkeitsproblem bleibt an Merz haften.

„AfD und Linken entgeht nun die fette Chance, die neue Koalition vor sich herzutreiben. Ihre Tränen sind Krokodilstränen.“

Nachvollziehbar ist der Protest allerdings. Denn AfD und Linken entgeht nun die fette Chance, die neue Koalition vor sich herzutreiben. Ihre Tränen sind Krokodilstränen. Jeder kennt das Wort „Zwickmühle“. In die wäre die neue Koalition geraten, wenn sie die Reform der Schuldenbremse für die Bundeswehr und das Sondervermögen für die Infrastruktur nicht jetzt auf den Weg bringen würde. Denn für beides braucht sie eine Zweidrittelmehrheit, die sie zusammen mit den Grünen nur im alten Bundestag noch hat. Im neuen hätten AfD und Linke eine Sperrminorität und würden sie nutzen. Dann müssten Merz und Klingbeil die vielen unabdingbaren Milliarden für Bundeswehr, Brückenbau und Bahnsanierung aus dem normalen Haushalt heraus-„schwitzen“. Also bei Sozialausgaben oder Bildung. Es wäre Wasser auf die Mühlen der Extremen.

Stattdessen verschafft sich die neue Koalition nun ein sattes Polster. Dieses Glück war Kanzler Olaf Scholz nicht hold. Merz ließ ihn und seine Ampel in Finanznöten zappeln. Dass die Koalition nun, ebenfalls entgegen Merz‘ Wahlversprechungen, strukturell wohl eher nicht sparen wird, ist ein weiterer Makel, mit dem der neue Kanzler leben muss.

Ein Wort noch zur FDP. Als nach Russlands Überfall auf die Ukraine 2022 ein Sondervermögen für die Bundeswehr beschlossen werden sollte, bettelte ihr Chef Christian Lindner bei der Union noch um Zustimmung: „Man muss kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“, sagte er. Jetzt, Lindner ist inzwischen völlig abgetaucht, erklärt die FDP, die neuen Schuldenpläne seien „verantwortungslos“. So beliebig. Jene 3,1 Millionen früheren FDP-Wähler, die am 23. Februar zu anderen Parteien wechselten und die Liberalen so ins parlamentarische Aus schickten, wissen nun wieder, warum das die richtige Entscheidung war.  


Zur Person:

  • Der Lohner Werner Kolhoff hat für den Berliner Tagesspiegel und Zeitung gearbeitet, war Sprecher des Berliner Senats und leitete ein Korrespondentenbüro.
  • Heute ist er in Berlin als politischer Kolumnist tätig.

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