Wenn die Zentrumspartei, die älteste Partei Deutschlands, auf ihre Gründung am 13. Dezember 1870 blickt, erinnert sie sich auch an ein Gründungsmitglied aus dem Münsterland: Franz Hülskamp, Sohn eines Webers und aus ärmlichen Verhältnissen in Essen/Oldenburg stammend, verfasste für die Partei 1870 das so genannte „Soester Programm“ führend mit, das maßgeblich für die weitere Entwicklung der Partei wurde. Hülskamp (1833-1911) war Priester und zu jener Zeit Herausgeber einer katholischen Literaturzeitschrift.
Das Zentrum entwickelte sich rasch zur größten Oppositionspartei
Das Gründungsdatum bezieht sich auf eine Zusammenkunft am 13. Dezember 1870 in Berlin, als 48 Mitglieder des preußischen Abgeordnetenhauses die „Fraktion des Zentrums“ gründeten. Die mehrheitlich von Katholiken gewählte Partei entwickelte sich im von Reichskanzler Otto von Bismarck gegründeten Deutschen Reich rasch zur größten Oppositionspartei. Das Kaiserreich war protestantisch-preußisch dominiert und wollte die religiöse Freiheit der Katholiken einschränken.
Schon früh setzte das Zentrum sozialpolitische Akzente, etwa durch das Wirken seines Mitglieds Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler, eines Mitgründers der katholischen Arbeiterbewegung, und durch einen weiteren Oldenburger Münsterländer: Der Zentrumsabgeordnete Ferdinand Graf von Galen aus Dinklage forderte in einem Antrag 1877 im Reichstag einen umfassenden Arbeiterschutz, den Verbot von Kinderarbeit und die Sonntagsruhe. In der späteren Weimarer Republik zählte das Zentrum zu den staatstragenden Parteien und stellte mehrere Minister und Reichskanzler. Im Oldenburger Münsterland blieb das Zentrum bis 1933 führend und erzielte dort Wahlergebnisse von rund 70 Prozent (im Deutschen Reich waren es etwa zwölf Prozent). Bis 1933 kämpfte das Zentrum für den Erhalt der Demokratie.
NSDAP-Ministerpräsident Carl Röwer schimpft über den OV-Redakteur Franz Morthorst
Bezeichnend dafür waren die letzten Wahlkämpfe, die auch im Oldenburger Münsterland Spuren hinterließen. Typisch für den Radikalismus waren der Oldenburger Landtagswahlkampf 1932 und die Auseinandersetzungen um Franz Morthorst, Zentrumsmann und Redakteur der Oldenburgischen Volkszeitung. So äußerte Carl Röver, der im Juni 1932 zum ersten NSDAP-Ministerpräsidenten Deutschlands gewählt wurde: „Da sitzt so ein Bursche von Morthorst an der Oldenburgischen Volkszeitung, dieser Lump, dieser Schuft, aber warte nur noch kurze Zeit, dann werde ich ihm seine Setzmaschine zerschlagen, ich werde ihm die ganze Bude schließen, und zwar nicht mit Gewalt, sondern kraft Gesetz.“
Morthorsts entschiedener Widerstand führte dazu, dass die OV, die dem Zentrum nahe stand, bereits im Wahlkampf 1932 für mehrere Tage verboten wurde. Im Juli 1933 wurde Morthorst dann gezwungen, aus der Redaktion auszuscheiden. Das Zentrum musste sich im Sommer 1933 selbst auflösen.
Johannes Göken aus Hemmelte schrieb erstmals über den Kreuzkampf
Nach 1945 gründete sich die Zentrumspartei auch im Oldenburger Münsterland und im später gegründeten Niedersachsen wieder neu. Sie arbeitete im Landtag an der neuen demokratischen Landesverfassung mit und stellte Anfang der 1950er Jahre bundesweit mehr als 3000 Kommunalpolitiker. Zu den führenden Zentrumsleuten nach 1945 zählten Justizminister Otto Krapp aus Steinfeld, Schulrat Leo Brengelmann aus Friesoythe, Bernd Bünger aus Vechta und der Kaplan Johannes Göken aus Hemmelte. Göken schrieb 1947 für den Kulturausschuss der Zentrumspartei Niedersachsen die erste Schrift über den „Kreuzkampf“ im Oldenburger Land 1936. Noch heute ist das Zentrum politisch aktiv, so im Cloppenburger Stadtrat und Kreistag sowie im Gemeinderat in Molbergen.