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Wie ich in den Verdacht des Alkoholismus geriet

Gästebuch: Eine unerwünschte Telefonwerbung kann ungeahnte Seiten hervorbringen.

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Tüdelüüt, tüdelüdelüt… 13 Uhr. Passend zu meiner mittäglichen Tiefschlafphase auf dem heimischen Chaiselongue, meldet sich das direkt daneben platzierte tragbare analoge Telefon. Ich greife – leicht genervt – zum schwarzen Knochen und melde mich pflichtgemäß mit dem Hausnamen, worauf die angenehm klingende Stimme einer jüngeren Frau das Kommando übernimmt: „Hallo, hier ist Carola Siedenbüdel von der deutschlandweit bekannten Firma Kieselbiesel aus Knochenbroich. Schön, dass ich Sie antreffe. Wir können Ihnen ein unschlagbar ….“.

In solchen Fällen ergreife ich lieber sofort die Initiative und erteile quasi einen Platzverweis: „Liebe Frau Siedenbüdel, leider haben wir…“. Doch bereits nach den ersten Worten merke ich, dass die junge Dame mit unverändertem Tonfall und unbremsbar weiterplaudert, schon bei den unbetreitbaren Vorzügen ihres
Produktes gelandet ist und die Unverzichtbarkeit betont. Ich bin überzeugt von der Verzichtbarkeit und beende das „Gespräch“.

„Ich vermute, dass dies noch die harmloseste Version einer neuen Form von „Omabescheißeritis“ ist.“

Ja, „Gespräch“ in Anführungszeichen, denn Carola ist natürlich im wirklichen Leben eine durch künstliche Intelligenz erzeugte Phantasieperson, die möglicherweise im selben Augenblick in Tausend anderen Haushalten mit exakt demselben Anruf aufschlägt. Haushalte, die noch analog vernetzt sind, die über eine recht kurze Telefonnummer verfügen und damit signalsieren: ältere Bewohner, vielleicht leicht tüdelig. Carola säuselt und irgendwann stellt sie die Frage: „Sie möchten doch auch gerne unser tolles Produkt für 273,86 Euro plus 44 Euro Versandkosten?“ Ein Räuspern wird als „Ja“ interpretiert – und schon expedieren „Hermes“ oder „Amazon“ die sündhaft überteuerte Plastikkaffeemaschine aus südostasiatischer Produktion ins heimische Gemäuer.

Ich vermute, dass dies noch die harmloseste Version einer neuen Form von „Omabescheißeritis“ ist. Eine andere Carola, unterwegs auf digitalen Kanälen und damit auch bildmäßig recht propper aufgestellt, dürfte uns von noch besseren, unschlagbaren Angeboten überzeugen. Irgendwas mit Krypto, superhohen Zinserwartungen und dem „Restdeslebensinsausundbraus“- Versprechen! Ich empfehle Ihnen da eher eine knochentrockene Beratung von einer im richtigen Leben stehenden Fachfrau.

Oh, schon wieder ein Anruf. Ich werde dieser Carola den Wind aus den Segeln nehmen: „Hallo, hier ist Walter Wuselmann. Ich sage nein, nein, nein!!“ – Stille breitet sich aus. Nach geraumer Zeit höre ich die wohlbekannte Stimme der besten Ehefrau von allen: „Sag' mal, trinkst Du jetzt schon mittags?“


Zur Person:

  • Der Journalist Andreas Kathe lebt in Dinklage. Lange Jahre war er Redakteur und Redaktionsleiter der OV.
  • Den Autor erreichen Sie unter: redaktion@om-medien.de.

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