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Wenn Geld zum Ballaststoff wird

Kolumne: Der Umgang mit Bargeld und Münzen im Alltag: Den Wandel seit der D-Mark und die wachsende Bedeutung bargeldloser Zahlungen.

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Neulich beim Bäcker. Ein halbes Graubrot geschnitten, ein paar Brötchen, zwei Muffins. „Macht 10 Euro zwanzig“, teilte mir die freundliche Fachverkäuferin mit. Mit der linken Hand holte ich einen Zwanziger hervor, mit der rechten kramte ich in der Hosentasche und sagte: „Mal sehen, vielleicht hab' ich noch zwei Groschen. Dann wird’s mit dem Rückgeld einfacher.“

Die junge Dame, eindeutig nach der Reform von der D-Mark hin zum Euro geboren, hielt kurz inne und fragte: „Wie bitte?“ Gleichzeitig fiel bei mir der Groschen. „Sorry. Ich meinte natürlich zwei 10-Cent-Münzen.

Wir Älteren sagen noch manchmal Groschen zu den Zehnern.“ Und rechnen noch in D-Mark um, was ich beim aktuellen Einkauf auch tat: Mehr als zwanzig Mark für ein paar Backwaren – ich kann mich an eine Zeit erinnern, in der man damit eine Großfamilie ernähren konnte. Und das über mehrere Tage.

Zurück zu den Münzen. Wir Kinder des Wirtschaftswunders sind mit Pfennigen, Groschen und Markstücken aufgewachsen. Der Groschen (eine messingfarbene Münze) und seine Verfügbarkeit diktierte in jungen Jahren unser Verhalten beim Erwerb von Brausepulver, Lakritzschnecken oder Maoam. Wer indes über einen „Heiermann“ (Fünf-Mark-Stück) verfügte, galt als stinkreich und ließ sich feiern, wenn er eine Runde Florida Boy oder Bluna spendierte.

„Wir Älteren sagen noch manchmal Groschen zu den Zehnern.“

Heutzutage gelten Münzen als Ballaststoffe. Keiner will sie mehr so recht – schon gar nicht Banken und Sparkassen. „Klötergeld“ scheint etwas für die Hinterherläufer der digitalen Realität zu sein. Die Geldinstitute möchten Produkte verkaufen und sich nicht mit der Hardware herumschlagen. Gesetzlich sind sie dazu verpflichtet, sie dürfen aber auch Gebühren für die Annahme des sogenannten Münzschüttguts erheben.

Meine Bank tut das immerhin noch nicht, aber es ist stets ein besonderer Akt, wenn ich mit einer Schüssel Cents und Euros bewaffnet die diskrete Stille der Schalterhalle ruiniere. Das Sammel- und Zählgerät macht nämlich einen veritablen Krach und ist nicht immer in Topform; bei meinem letzten Besuch kam es zweimal zu einem Interruptus, der von einer Mitarbeiterin mit freundlicher Genervtheit behoben wurde.
Nun, in der Zeit, die meine Münzabgabe in Anspruch nahm, hätte ich auch mein ETF-Depot umstellen, einen Bausparvertrag abschließen oder mit meinem Berater über den Leitzins philosophieren können. Aber am Ende war alles okay – bis auf einen Bodensatz von etwa zwanzig Münzen.

„Die will er nicht“, meinte die Bankerin lakonisch. Vielleicht ist der Apparat beim nächsten Mal ja besser drauf, dachte ich, sammelte den verschmähten Rest ein und sagte mir: Ich bin immerhin mit Geld von der Bank gekommen.

Von der Bank zurück in die Bäckerei. Diesmal eine andere, ich bin da als Brotbeauftragter unseres Haushalts flexibel. „Kartenzahlung erwünscht“ steht da am Tresen zu lesen. Womöglich ist das noch ein Relikt aus der Coronazeit, als Bargeld lange Zeit als Virenschleuder in Verdacht stand.

Gleichzeitig tippen die Leute auf der klebrigen Tastatur herum, um ihre PIN-Nummer einzugeben. Ach ja: Und direkt neben dem Schild mit der Aufforderung, per Karte zu zahlen, steht ein gut gefülltes Kästchen für Trinkgeld. Tja, wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Brötchens nicht wert.


Zur Person:

  • Alfons Batke blickt auf eine über 40-jährige journalistische Laufbahn zurück.
  • Der Autor lebt als freier Ruheständler in Lohne.

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