Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Marmelade Fett enthält „[…]. Drum essen wir auf jeder Reise Marmelade eimerweise […]“: Wenn Sie altersmäßig wie ich zur Generation X gehören, dürften Sie jetzt einen Ohrwurm haben (gern geschehen). Denn diese Zeilen waren fester Bestandteil des Liedguts, das wir in der Grundschulzeit auf Ausflügen und ähnlichen Geselligkeiten zu singen pflegten.
Auch ich trällerte mit. Dabei hatte ich allenfalls ein vages Bild von dem, was die Wissenschaft festgestellt hat. Das änderte sich über die Jahre nur geringfügig. Obwohl sich Lehrkräfte wie mein langjähriger Chemie- und Biocoach, Herr M. aus D., (dankbare Grüße gehen raus) redlich mühten, mir ein rudimentäres Verständnis für sie zu vermitteln, blieben mir weite Areale der Naturwissenschaften verschlossen.
Dass ich keine wissenschaftlichen Fragen zu lösen vermag, heißt indes nicht, dass ich keine stellen kann. Für mich als Laiin ploppen immer wieder Alltagsfragen auf, zu denen die Wissenschaft gern etwas feststellen dürfte. So könnten die glänzenden Schmeißfliegen, umgangssprachlich als Brummer bekannt, ein Forschungsobjekt sein. Mich jedenfalls treibt die Frage um, warum diese lästigen Insekten durch den Spalt eines gekippten Fensters in einen Raum reinfliegen können, aber durch noch so sperrangelweit geöffnete Türen und Fenster nie wieder rausfinden? Stattdessen riskieren sie, dass ihnen die genervte Menschheit mit der Klatsche auf den schillernden Leib rückt. Ein Forschungsergebnis dazu wäre insofern im Interesse von Mensch und Tier gleichermaßen.
„Weitgehend unerforscht ist auch, warum in Oberteilen pfundweise Etiketten mit Logos, Waschanweisungen und Materialangaben in 30 Sprachen eingenäht werden.“
Oder hat sich schon mal jemand forschend mit der Ursache uneinheitlicher Größenangaben bei Kleidungsstücken auseinandergesetzt? In einer Welt, in der es eine sechsseitige ISO-Norm für die Zubereitung der perfekten Tasse Tee gibt, bewege zumindest ich mich beim Kleidungskauf im Spektrum von drei Größen, ohne, dass diesen Abweichungen Gewichtsschwankungen zugrunde lägen. Je nachdem, welche Größe eines gewünschten Kleidungsstücks passt, kann das für Hochgefühl oder Ernüchterung sorgen, was sich fördernd oder hemmend auf die Kauflust auswirkt. Hier könnte die Wissenschaft einen Beitrag zur emotionalen Stabilisierung der Kundschaft und zur Stärkung des Einzelhandels leisten.
Apropos Kleidung: Weitgehend unerforscht ist auch, warum in Oberteilen pfundweise Etiketten mit Logos, Waschanweisungen und Materialangaben in 30 Sprachen eingenäht werden. Und das so fest, dass man sie – sofern man nicht der Kunst der Feinnäherei mächtig ist – kaum entfernen kann, ohne das Kleidungsstück aufzuribbeln. Und warum fixieren die Hersteller diesen Papiermüll immer an Stellen, an denen er entweder optisch das Gesamterscheinungsbild oder kratzenderweise das Wohlbefinden der Betroffenen stört? Es müsste sich doch wissenschaftlich fundiert eine kundenfreundlichere Methode finden lassen, zu kommunizieren, dass der neue Wollpullover eine 90-Grad-Wäsche im Schleudergang übelnimmt?
In diesen und weiteren Alltagsfragen setze ich allen Unkenrufen zum Trotz große Hoffnungen in den Wissenschaftsstandort Deutschland. Damit den Forschungsvorhaben möglichst nichts in die Quere kommt, werde ich persönlich mich aber heraushalten. Stattdessen gehe ich mir jetzt ein fettiges Marmeladenbrot machen. Herr M., übernehmen Sie!
Zur Person:
- Anke Lucht ist stellvertretende Pressesprecherin und stellvertretende Leiterin der Abteilung Medien- und Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Münster. Sie lebt in Holdorf.