Nachdem die Cloppenburger Grüne-UWG-Gruppe vergangene Woche einen 6000 Euro teuren Outdoor-Wickeltisch eingefordert hatte, fand ich zumindest prompt mein Thema für diese Kolumne. Denn wir müssen dringend über feministische Stadtplanung reden. Keine Sorge, da ist für alle was dabei. Versprochen.
Aber zunächst zum Wickeltisch im Freien: Die Cloppenburger Grüne-UWG-Gruppe hat richtig festgestellt, dass es für Eltern zu wenige öffentliche, geeignete Möglichkeiten zum Wickeln ihrer Kinder gibt – insbesondere in unmittelbarer Nähe zum Mehrgenerationenpark. Der aus dieser Erkenntnis entwickelte Lösungsansatz ist immerhin interessant. Dieser – zugegebenermaßen teure – Vorschlag kann jedoch allenfalls eine Behelfslösung sein. Viel nachhaltiger wäre es, die öffentliche Toiletteninfrastruktur anzugehen. Und hier kommt die feministische Stadtplanung ins Spiel.
Was meine ich damit? Im Grunde bedeutet es zunächst nichts anderes, als dass alle Gesellschaftsmitglieder gleichermaßen bei der Stadtplanung Berücksichtigung finden. Dass dies bislang eher nicht so gut klappt, legte die britische Autorin Caroline Criado-Perez schon in ihrem Buch „Unsichtbare Frauen“ eindrucksvoll dar. Auch die deutsche Autorin Alexandra Zykunov beschäftigt sich mit den Defiziten in der Stadtplanung in ihrem neuesten Buch „Was wollt ihr denn noch alles?“ und kritisiert etwa fehlende Wickeltische auf öffentlichen Herrentoiletten.
„Denn gefühlt an jeder Ecke fand ich eine kostenfrei(!) zugängliche, saubere(!) Toilette vor.“
Hier ein selbst erlebtes Beispiel: Während der Osterferien war ich in Australien. Bereits am Flughafen in Melbourne stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass es neben den Männer-, Frauen- sowie Unisex-Toiletten sogenannte „parents rooms“ gibt – also Räumlichkeiten speziell für Eltern mit kleinen Kindern. Die Räume sind so gestaltet, dass Mütter ihre Kinder stillen, Väter ihre Kinder wickeln oder Großeltern das Essen für ihre Enkel aufwärmen können. Richtig, einige dieser parents rooms haben sogar Mikrowellen. Gut, dachte ich, wir sind an einem großen, modernen Flughafen. Das ist bestimmt nicht überall so. Ich wurde in den folgenden Tagen eines Besseren belehrt.
Parents rooms sind in Australien – zumindest, da wo ich mich so herumtrieb – eine ziemliche Selbstverständlichkeit in der öffentlichen Toiletteninfrastruktur. Da ich ohne Kleinkind verreist war, betrafen mich die Räume verständlicherweise wenig. Aber ich durfte mich trotzdem an der feministischen Stadtplanung erfreuen. Denn gefühlt an jeder Ecke fand ich eine kostenfrei(!) zugängliche, saubere(!) Toilette vor. Sogar entlang der Great Ocean Road. Da ist ein Parkplatz, es gibt einen Kiosk? Es gibt eine kostenfreie öffentliche Toilette. So viel habe ich noch nie während einer Autofahrt getrunken.
Eines können unsere wenigen und überteuerten Klos dann doch besser
Ich denke, viele Frauen können dieses Szenario nachvollziehen: Wenn ich etwa einen längeren Ausflug vor mir habe – eine längere Autofahrt, eine noch längere Bahnfahrt oder einen ausgedehnten Stadtbummel –, dann stelle ich sicher, nicht so schnell eine Toilette aufsuchen zu müssen. Zum einen muss diese überhaupt vorhanden sein und zum anderen kann einen nichts darauf vorbereiten, in welchem Zustand man diese vielfach vorfindet. Also meidet frau diese Orte.
Der Realitätscheck ließ nach der Landung in Frankfurt auch nicht lange auf sich warten. Beim ersten Halt an einer Raststätte an der A5 musste ich nicht nur einen Euro (Was zum?!) für den Zugang zur Toilette bezahlen, die Kabine hatte nicht einmal einen Haken. Und ja, der Haken ist in Australien in den meisten Kabinen Standard. Gerade Frauen wissen diese Kleinigkeit zu schätzen. Aber eines können unsere wenigen und überteuerten Klos dann doch besser: In Deutschland gibt es das bessere Toilettenpapier.
Zur Person: