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Wann hat der Kunde eigentlich aufgehört, König zu sein?

Meine Woche: Ein Paket mit 26 kleinen Dingen verschwindet aus einem Hausflur in Den Haag. Und für die Absenderin folgen 6 nervenaufreibende Wochen.

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Service einstampfen und gleichzeitig mehr Geld fordern – dafür steht seit Jahren DHL. Warum auch nicht, Leistungsverweigerung darf sich schließlich auch mal lohnen. Ich will Sie gar nicht langweilen mit Berichten über wochenlang oder komplett verschollene Briefe sowie Post, die auch schon mal eine ganze Woche nicht zugestellt wird. All das kommt immer wieder vor.

Aber ist ein Fliegenschiss gegen das, was DHL mir in der Vorweihnachtszeit bot. Ich bastelte einen Adventskalender für meine in Holland lebende Tochter. 26 kleine Dinge (bevor Sie denken, ich kann nicht bis 24 zählen: Zwei davon waren Geschenke zum Geburtstag), jedes einzelne schön verpackt und mit Schleifchen. Für fast 20 Euro Porto ging das versicherte Paket nach Den Haag. Nach 2 Tagen hieß es: Zugestellt. Bloß: Wo?!

Die Rekonstruktion des Geschehens ergab folgendes Szenario: Der Zusteller hat den Empfang selber quittiert und das Paket in den Hausflur des 60-Parteien-Hauses gelegt, wo es jeder mitnehmen kann. Was dann auch jemand getan hat. Besonders ärgerlich: Der Postler hätte nur klingeln müssen, die Empfängerin saß im Homeoffice und wartete auf das Paket.

Nachdem ich ob dieser Mixtur aus Faulheit, Bräsigkeit und Schlamperei ein Weilchen Amok gelaufen bin, begebe ich mich in den Fight mit DHL. Erbaulich schon der Start mit einem Anruf bei der DHL-Beschwerdestelle. „Aber gute Frau, da müssen Sie sich bei DHL in den Niederlanden beschweren, das ist doch wohl klar." Klar ist für die gute Frau in dem Moment nur, an einen unfähigen Trottel geraten zu sein, der Verantwortung für eine tödliche Krankheit hält. Danke für nichts.

„Mittlerweile sehe ich schon rot, wenn was Gelbes in meinem Mailfach aufploppt.“

Dann stelle ich im Abstand von wenigen Tagen zwei Nachforschungsanträge, auf die ich keine Antwort bekomme. Erst eine böse Mail von mir ist DHL eine Reaktion wert: Ich möge doch bitte einen Nachforschungsantrag stellen…

Dafür muss der Inhalt penibel rekonstruiert werden. Für 26 kleine, über das ganze Jahr gesammelte Dinge auch nach Monaten noch Belege zu finden, ist eine noch größere Herausforderung, als sie liebevoll zu verpacken. Die Antwort auf meine Mühen: Das reiche nicht, man brauche EINE Rechnung mit meinem Namen drauf plus EINEN Kontoauszug mit einer entsprechenden Abbuchung. Damit kann ich nicht dienen. Überhaupt: Wieso bin ICH hier eigentlich die Dumme?

Eine Woche später schaltet DHL Niederlande sich ins Geschehen ein – und will alles noch einmal, bloß anders. Ich soll die 26 kleinen Dinge mit Beschreibung und Preis in ein achtzeiliges Onlineformular quetschen. Mittlerweile sehe ich schon rot, wenn was Gelbes in meinem Mailfach aufploppt. Ich setze einen Link zu den 26 kleinen Dingen in die erste Zeile des achtzeiligen Formulars und leite es an DHL weiter, verbunden mit Worten von Herzen kommender Grantigkeit.

Heiligabend, 6 Wochen nach Aufgabe des Pakets, entschuldigt sich DHL für die Schikane, pardon: die Unannehmlichkeiten, und kündigt eine Überweisung von 73,36 Euro an, die Kosten für 26 kleine Dinge plus Porto. Hurra, gewonnen!

Doch nach Sieg fühlt es sich komischerweise gar nicht an. Eher nach Verdursten in der Servicewüste. Recht bekommt heute nur, wer mit Onlineformularen umgehen kann, penetrant am Ball bleibt und anderen mit Freude auf den Sack geht. Am Ende bleibt eine Frage: Wann hat der Kunde eigentlich aufgehört, König zu sein?


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