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Vikar-Henn-Preis geht an Bernd Theilmann

Als Missbrauchsopfer ist der Preisträger an die Öffentlichkeit gegangen. Für seinen Mut zeichnen die Bürgerstiftung Cloppenburg und die St. Andreas-Kirchengemeinde ihn nun aus.

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Applaus: Preisträger Bernd Theilmann  nimmt Glückwünsche von Laudatorin Prof. Dr. Christine Aka entgegen. Foto: Kessens

Applaus: Preisträger Bernd Theilmann nimmt Glückwünsche von Laudatorin Prof. Dr. Christine Aka entgegen. Foto: Kessens

Für seinen Mut, als Missbrauchsopfer an die Öffentlichkeit zu gehen, hat Bernd Theilmann jetzt den Vikar-Henn-Preis der Bürgerstiftung und der St.-Andreas-Kirchengemeinde Cloppenburg erhalten. Als Kind war der in Neuenkirchen geborene Theilmann durch den 1972 verstorbenen Pfarrer Bernhard Janzen missbraucht worden. Den Schritt, die Taten publik und in der katholischen Kirche zum Thema zu machen, wagte Theilmann erst als Erwachsener.

Dies sei ein bekanntes Phänomen, stellte die Laudatorin Professorin Dr. Christine Aka (Kulturanthropologisches Institut Cloppenburg) fest. Vor den 200 versammelten Gästen blickte sie zurück in die 1950er Jahre, in denen der Pfarrer der „hohe Herr der Gemeinde“ war.

Mutige Preisträger: Bernd Theilmann (5. von rechts), Schulleiterin Christane Dehmel (7. von links) und Schülersprecherin Henrike Eickhorst-Lindemann (7. rechts). Gratuliert haben unter anderem Professor Dr. Uwe Meiners (links), Laudatorin Silvia Breher (2. von links), Laudatorin Professorin Dr. Christine Aka (4. von rechts), Landrat Johann Wimberg (2. von rechts) und Dechant Bernd Strickmann (rechts). Foto: KessensMutige Preisträger: Bernd Theilmann (5. von rechts), Schulleiterin Christane Dehmel (7. von links) und Schülersprecherin Henrike Eickhorst-Lindemann (7. rechts). Gratuliert haben unter anderem Professor Dr. Uwe Meiners (links), Laudatorin Silvia Breher (2. von links), Laudatorin Professorin Dr. Christine Aka (4. von rechts), Landrat Johann Wimberg (2. von rechts) und Dechant Bernd Strickmann (rechts). Foto: Kessens

Es sei eine männerdominierte Zeit gewesen, geprägt von Autoritätshörigkeit. „Kinder standen unten in der Hierarchie“, sagte sie, „Ungerechtigkeiten hatte man nicht nachzufragen.“ Die Kirche habe die Täter geschützt, gab sie zu verstehen. 90 Betroffene seien im Offizialat bekannt. Doch die Dunkelziffer könnte höher liegen, mutmaßte sie. „Wut führt zu Mut“, machte Aka deutlich.

Als Theilmann die Taten öffentlich machte, war er für viele ein Nestbeschmutzer

Auslöser für seine Entscheidung an die Öffentlichkeit zu gehen sei, so Theilmann, die Ankündigung gewesen, die Haupt- und Realschule in Neuenkirchen nach dem Pfarrer Bernhard Janzen zu benennen. Dies habe der heute in Oldenburg wohnende Theilmann verhindern wollen. Aufgrund des öffentlichen Drucks konnte das Offizialat die Taten Janzens nicht länger veschweigen. Theilmann sei aber öffentlich angegriffen und als Nestbeschmutzer bezeichnet worden. Deshalb, so die Verantwortlichen der Jury, sei er für seinen gezeigten Mut ein würdiger Preisträger.

Theilmann selbst beschrieb, wie alleingelassen er sich gefühlt habe. „Mit den Eltern konnte ich nicht sprechen“, sagte er. Priester seien unantastbar gewesen. Lange habe er überlegt, ob er den Preis annehme. Er begrüßte deshalb auch den Mut von Werner Nilles und Hubert Breuer (Kuratorium Bürgerstiftung) sowie der Jury, ihm den Preis auszuhändigen. Dechant Bernd Strickmann brachte stellvertretend für die Jury und die katholische Kirchengemeinde St. Andreas seinen Dank zum Ausdruck: „Danke, dass Sie den Preis angenommen und uns angestoßen haben, über den Missbrauch zu sprechen.“

Der Anerkennungspreis ging an die St.-Ludgeri-Realschule Löningen. Die Schule stehe für das Engagement gegen Rassismus und für eine Schule mit Courage, betonte die Laudatorin Silvia Breher. Die CDU-Bundestagabgeordnete ging auf das Motto der Schule W.I.R. ein. Dieses Akronym stehe für Wissen, Inspiration und Respekt und beschreibe die Ausrichtung der Schule.

Anerkennungspreis geht an die St.-Ludgeri-Realschule Löningen

In Projekten habe man sich dem Thema Rassismus gestellt und Wegen entwickelt, diesen zu bekämpfen. In einer kurzen Szene machten Schülerinnen den Alltagsrassismus deutlich. Die Schulleiterin Christiane Dehmel nahm mit der Schülersprecherin Henrike Eickhorst-Lindemann den Preis entgegen. Dehmel machte außerdem deutlich, dass der Preis an die gesamte Schulgemeinschaft der St.-Ludgeri- Schule gehe. „Wir sind sehr stolz“, sagte sie. Sie vergaß dabei nicht die Schulen, die sich gegen Rassismus stellten. „Die Realschule in Löningen steht exemplarisch für alle Schulen“, betonte sie.

Die Schirmherren des Vikar Henn-Preises, Landrat Johann Wimberg und der Präsident der Oldenburgischen Landschaft, Professor Dr. Uwe Meiners, hoben die Vorbildfunktion des Vikars Ernst Henn, des Namensgebers der Auszeichnung, hervor. Dieser haben in seinen Predigten mutig gegen die Nationalsozialisten aufbegehrt, ohne Rücksicht auf Nachteile. Außerdem habe er am Ende des Zweiten Weltkriegs Löningen durch das Hissen einer weißen Fahne vor der Zerstörung bewahrt und so viele Menschenleben gerettet.

Tobias Vaske verlas eine Grußbotschaft des ersten Preisträgers, Prälat Peter Kossen, und Ludwig Kleinalstede sorgte für die musikalische Umrahmung.

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