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Unfreiwillig die Komfortzone verlassen

Kolumne: Die Generation Z zeigt’s Ihnen – Für eine Woche im Jahr packt auch mich als Sportmuffel der Drang zur Bewegung. Dann auch teils über meine Grenzen hinaus.

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Ich bin ein absoluter Sportmuffel. Mein Verhältnis zu körperlicher Betätigung – sei es jetzt in der freien Natur oder im Gym – verhält sich wie Wasser zu Öl. Doch im Sommer mutiere auch ich für eine Woche zum regelrechten Sport-Junkie (zumindest für meine Verhältnisse).

Denn dann steht der regelmäßige Traditionsurlaub in Freiburg auf dem Plan. Die klassischen Städtebummeltouren haben sich über die Zeit abgenutzt, Attraktionen wie das Münster werden – wenn überhaupt – nur noch nebenbei beäugt. Etwas Neues musste her.

Schon damals ist meine Tante leidenschaftlich gerne gewandert. Das bergige Umland ist geradezu prädestiniert für idyllische Märsche durch die Natur fernab von Zivilisation und Alltagsstress. Diese Begeisterung hat sich in den vergangenen Jahren auch auf den Rest meiner Familie und mich übertragen.

„Habe ich doch zunächst geglaubt, dass Wandern eigentlich zu den eher entspannteren Sportarten gehört. “

Entgegen meines natürlichen Instinkts bin ich also schon seit Längerem jährlich jenseits der 1000 Meter über N.N. unterwegs. Dabei sehe ich malerische Bergseen, beeindruckende Felsformationen und wilde Urwälder. Doch das hat auch seinen „Preis“.

Habe ich doch zunächst geglaubt, dass Wandern eigentlich zu den eher entspannteren Sportarten gehört. „Man latscht halt durch die Gegend“, so mein naives Ich. Also perfekt für mich. Dementsprechend verwundert und unglaubwürdig zeige ich mich, als wir uns spezielles Schuhwerk und Stöcker zulegten. Die werdet ihr brauchen, versichert mir meine Tante. Sie wird recht behalten.

Denn mit einem gemütlichen Marsch um den Dümmer oder in den Dammer Bergen hat das überhaupt nichts mehr zu tun. Was hier noch alles als Weg durchgeht, ist mehr als abenteuerlich.

Zu Beginn erwarten einen oft noch die allseits bekannten Forststraßen. Doch schnell werden die Wege steiler und auch schmaler. In Serpentinen schlängeln wir uns auf 70 Zentimeter breiten Pfaden den Berg hoch und runter. Links und rechts steigt und fällt es im 45-Grad-Winkel ab. Die weiche Erde ist einer Mischung aus Felsen und Wurzelwerk gewichen.

Der Weg gleicht jetzt eher einem ausgetrockneten Flussbett. Teils liegt ein riesiger Felsbrocken mitten drauf oder er ist gar nicht mehr richtig zu erkennen. Die vereinzelten, zur Befestigung in den Weg eingebetteten Holzbalken leisten dabei nur bedingt Abhilfe.

„Mit einem gemütlichen Marsch um den Dümmer oder in den Dammer Bergen hat das überhaupt nichts mehr zu tun. Was hier noch alles als Weg durchgeht, ist mehr als abenteuerlich.“

Ich danke Gott (und meiner Tante) für die Stöcker. Ohne die wäre ich schon an vielen Stellen gar nicht weitergegangen. Schließlich kann ein kleiner Fehler bereits dafür sorgen, dass ich 100 oder mehr Meter in die Tiefe stürze – und das im absoluten Nirgendwo.

Das Wetter tut sein Übriges. Die Sonne brennt erbarmungslos, auf den Bergkuppen pfeift harscher Wind ungebremst über die karg bewachsenen Wiesen. Bis auf das vereinzelte Läuten einer Kuhglocke, ist nichts zu hören.

Das Ziel ist ein Wasserfall mitten im Urwald. Der Weg dorthin führt einen steilen Felsen herunter. Spätestens hier wäre für mich ohne Stöcker Schluss gewesen. Lieber hätte ich noch Seil und Karabiner gehabt. Doch beim Sport geht es ja auch darum, Grenzen auszutesten. Als wir uns schließlich an den herabstürzenden Wassermassen sattgesehen haben, treten wir den Rückweg an. Dieser wird zum Teil bereits von einem Bachlauf beansprucht.

Zurück am Auto qualmen die Füße. Nach vielen Stunden bin ich erschöpft, aber auch zufrieden. Am Abend geht es noch ins Stammlokal an der französischen Grenze. „Gar nicht schlecht für einen wie mich“, stelle ich überrascht fest. Manchmal ist es doch ganz schön, mal die Komfortzone zu verlassen.


Zur Person:

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