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Quentin, der mürrische Held an der Schneckenfront

Kolumne: Er ist keine Schönheit. Glotzt immer übel gelaunt. Doch die Erdkröte ist der beste Untermieter, den man im Gewächshaus haben kann.

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Wer schon einmal einen Untermieter hatte, weiß: Es gibt die unangenehme Sorte und jene, die man wirklich zu schätzen weiß, weil sie etwas Positives mit in die eigenen vier Wände bringen. Ich habe jetzt auch einen Untermieter. Im Gewächshaus. Sein Name: Quentin. Er (oder sie? Meine ehemalige Biologielehrerin möge es mir nachsehen) ist eine Erdkröte.

Der Eindruck von einem Untermieter ist vielleicht aber eine subjektive Sichtweise. Meine Nachbarin reagierte mit einer gewissen Fassungslosigkeit, als ich ihr den Teller mit ein paar Scheiben der selbst angebauten Bauerngurke servierte und von Quentin erzählte: „Eine Kröte? Iiiiiieh!“ Angewidert schüttelte sie sich und blickte auf den Teller, als ob ich ihr filetierte Amphibie angeboten hätte – wohl in der irrigen Annahme, dass das Gemüse mit Krötenschleim kontaminiert wäre. Man muss dazu wissen: Meine Nachbarin schreit schon beim Anblick einer Wespe laut los oder ruft um 22 Uhr bei mir an, weil eine Spinne mit der angeblichen Größe eines Suppentellers an ihrer Wand kleben würde und ich das „Vieh“ doch bitte töten möge. Tatsächlich konnte das Spinnchen in einem Schnapsglas nach draußen eskortiert werden.

„In diesem Jahr blieb mir die schleimige Fressorgie erspart. Und das habe ich Quentin zu verdanken.“

Doch zurück zu Quentin und dem Grund, warum die Kröte ein innig geliebter Untermieter in meinem Gewächshaus ist. Aus der kleinen Plastikhütte fahre ich in diesem Jahr erstmals eine wirklich üppige Ernte ein. Im letzten Jahr sah es anders aus: Kolonnen von Nacktschnecken hatten sich an meinen Salaten und anderen Gewächs-Versuchen bedient, als ob es die Bielefelder Schlachtplatte wäre. In diesem Jahr blieb mir die schleimige Fressorgie erspart. Und das habe ich Quentin zu verdanken. Denn der ernährt sich von Schnecken und ich mich dank ihm von eigenen Gurken, Salaten – und mit etwas Glück irgendwann auch einmal Tomaten und Paprika.

Die berechtigte Frage könnte jetzt lauten: Warum heißt die Kröte eigentlich Quentin? Der Name wurde schon bei der ersten Begegnung in diesem Frühjahr gewählt. Ein fetter Schwall Wasser landete aus dem Gartenschlauch auf etwas, das ich zunächst für einen etwas dickeren braunen Erdklumpen hielt. Dachte ich zumindest. Kaum vom Wasser getroffen, sprang dieser Klumpen erst auf meinen Badelatschen, katapultierte sich ins hintere Eck des Gewächshauses, um dann auf einem Trittstein zu landen und mich böse anzuglotzen.

Zugegeben: Ich habe mich kurz erschrocken – und war dann doch verwundert, dass Kröten derart wütend gucken können. Mir war jedenfalls neu, dass Kröten scheinbare Augenbrauen zum Herunterziehen haben und auch noch Zornesfalten bilden können. Beim Anblick dieses griesgrämigen Zeitgenossen war der Name schnell gefunden: Quentin. Benannt nach Onkel Quentin in der Bücherreihe „Fünf Freunde“ von Enid Blyton. Der Wissenschaftler ist auch ein eher grantiger und mürrischer Zeitgenosse.

Bis vor wenigen Tagen suchte Quentin seine Lounge zum Chillen offenbar unter der hinteren Reihe von Kopfsalaten. Die ist nun abgeerntet. Weil die Nachzucht noch ein paar Wochen benötigen wird, um wieder ausreichend Schatten und Schutz zu spenden, habe ich Quentin jetzt einen Unterstand gebaut. Ich weiß nicht, wie dankbar er dafür ist. Ich bin es jedenfalls – weil orangefarbene Nacktschnecken (subjektiv empfunden) die unliebsameren Untermieter im Gewächshaus wären.


Zur Person:

  • Matthias Bänsch ist Mitglied der Chefredaktion der OM-Medien.
  • Den Autor erreichen Sie per Mail an: redaktion@om-medien.de

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