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"OM-Zukunftsmacherin 2023": Schwester Johanna Wiese hilft Menschen dabei, zurück ins Leben zu finden

Seit 7 Jahren betreut die Nonne die Martinsscheune in Dinklage. Dort finden Menschen in Not nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch Unterstützung und ein offenes Ohr.

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Seit 20 Jahren lebt Schwester Johanna Wiese im Kloster in Dinklage. Der Eintritt in das Leben als Nonne hat sie vor einige Herausforderungen gestellt. Foto: Bernhardt

Seit 20 Jahren lebt Schwester Johanna Wiese im Kloster in Dinklage. Der Eintritt in das Leben als Nonne hat sie vor einige Herausforderungen gestellt. Foto: Bernhardt

Schwester Johanna Wiese holt einen klimpernden Schlüsselbund aus ihrem Habit. Sie schließt eine grüne Tür auf. "Das sind die Räume der Martinsscheune", erzählt sie. Das alte Fachwerkhaus steht auf dem Gelände der Benediktinerinnenabtei der Burg in Dinklage. Hier können Menschen in Not eine Herberge finden. Schwester Johanna ist die Leiterin der Martinsscheune. Sie hilft den Gästen in jeder Lebenslage und setzt sich damit seit über 7 Jahren für die Gesellschaft ein. 

Deshalb wurde sie mit 15 weiteren Frauen aus der Region in die engere Auswahl aufgenommen, aus der unsere Jury die „OM-Zukunftsmacherin 2023“ gekürt hat. Zum zweiten Mal verleiht die OM-Mediengruppe am 29. Juni den Preis an eine Entscheiderin aus der Region. In loser Reihe stellen wir nun die Anwärterinnen vor.

In der Unterkunft sollen Menschen wieder zu sich selbst finden können

Die Räume in der Martinsscheune sind klein, aber gemütlich. Ein Bett, ein Kleiderschrank, ein Waschbecken und manchmal sogar auch ein kleiner Fernseher sind in den rund 6 Zimmern zu finden. "Es geht erstmal darum, den Menschen Raum zu geben, um zurück zu sich selbst zu finden", erklärt Schwester Johanna. Obwohl die Unterbringung kostenlos ist, mache die 49-Jährige den Bewohnerinnen und Bewohnern keinen Zeitstress. "Natürlich können sie nicht auf ewig hier bleiben. Aber sie sollen hier eben auch die Kraft und Ruhe finden, sich neu zu sortieren." 


Alle Informationen zur Zukunftsmacherin 2023 finden Sie auf unserer Themenseite.


Seit über 25 Jahren hilft das Projekt Menschen in Notsituationen. 2016 übernahm Schwester Johanna Wiese die Leitung. Die aufgeweckte und lebendige Schwester lebt seit 20 Jahren als Nonne im Kloster in Dinklage. Durch die Arbeit in der Martinsscheune hat sie bereits viele Schicksale miterlebt und begleitet. Sie gibt den Hilfesuchenden nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern hilft ihnen auch durch tiefgründige Gespräche oder eine Vermittlung. Dabei sei sie teilweise selber an ihre eigenen Grenzen gekommen, berichtet sie. "Durch die Arbeit habe ich gelernt, dass auch ich meine Risse und Verletzlichkeiten habe." 

2016 hat Schwester Johanna Wiese die Leitung der Martinsscheune übernommen. Hier finden Menschen in Not eine Unterkunft. Foto: Bernhardt2016 hat Schwester Johanna Wiese die Leitung der Martinsscheune übernommen. Hier finden Menschen in Not eine Unterkunft. Foto: Bernhardt

Diese Form der Sozialarbeit sei für sie nur möglich, durch die enge Bindung mit Gott und der Gemeinschaft der Schwestern. "Gott ist mein Anker. Durch ihn kann ich mich immer wieder weit nach vorne lehnen, ohne den Halt zu verlieren." Das Leben in der Gemeinschaft gebe ihr zudem Rückhalt und Sicherheit – auch wenn ihr Tagesablauf streng durchgetaktet ist. Vier Gebetseinheiten ziehen sich über den Tag von morgens 5.45 Uhr bis abends 19.45 Uhr hinweg. Dazwischen gehen die Schwestern ihrer Arbeit nach.

Der eng getaktete Tag war besonders am Anfang eine Herausforderung für sie. Mit 29 Jahren ist Schwester Johanna in das Kloster in Dinklage eingetreten. "Das war schon eine starke Umstellung", berichtet sie. Zuvor hat die gebürtige Twistringerin Architektur in Oldenburg studiert. Anschließend hat sie auf Rügen gelebt und im Bauamt gearbeitet. Doch schnell bemerkte sie, dass ihr in ihrem Leben etwas fehlt. Die Kirche und der Glaube haben für sie schon immer eine wichtige Rolle eingenommen. Sie sei damit groß geworden und hat sich auch auf Rügen in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert. 

"Ich war, glaube ich, immer auf der Suche, ohne es direkt zu wissen."Schwester Johanna Wiese

Durch einen Freund ist sie in Kontakt mit dem Kloster in Dinklage gekommen und hat ein 1-wöchiges Exerzitium absolviert. "Als ich hier hergekommen bin, wusste ich sofort, Gott ist hier", beschreibt sie ihre Erfahrung. Als sie sich 2003 für den Eintritt in das Kloster entscheidet, kamen bei ihr viele Fragen auf, erzählt die 49-Jährige. Kann ich wirklich so leben? Will ich ein Leben ohne Familie und Kinder führen? Das waren nur einige der vielen Fragen, die sie sich damals gestellt hatte. 

Doch am Ende sei das Leben im Kloster genau das richtige für sie. Sie sei damit dem Ruf Gottes gefolgt. "Ich war, glaube ich, immer auf der Suche, ohne es direkt zu wissen", erklärt die Nonne. Mit dem Eintritt ins Kloster sei sie auch an ihre Grenzen gekommen. Denn: Die eigene Existenz zu hinterfragen und sich selbst besser kennenzulernen, sei nur eine von vielen anderen Erfahrungen. 

Sie beschreibt drei Beziehungen, die sie in ihrem Leben maßgeblich prägen: die Verbindung zu Gott, zu sich selbst und die zu anderen Menschen. Alle drei stünden in einer Wechselwirkung zueinander. Dadurch, dass sie mache, was sie liebt, könne sie sich erst so richtig in die Gesellschaft einbringen. Dabei hebt sie insbesondere die Rolle der Frau hervor. "Frauen bringen schon immer etwas anderes in die Gesellschaft mit ein. Wir empfangen das Leben und schenken es weiter", erzählt sie. "Jede und jeder sollte so leben, was sie oder er ist und tun kann." So helfe man der Gesellschaft und tue für alle etwas Gutes, meint Schwester Johanna.

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