„Bleiben Sie zuversichtlich!“ – so verabschiedet sich seit der Corona-Zeit Mr. Tagesthemen, Ingo Zamperoni, am Ende der Nachrichtensendung. Irgendwie besonders, so ein persönlicher Zuspruch von einem Menschen, der nur virtuell in mein Wohnzimmer kommt. Ich meine, ihn zu kennen, obwohl er mich nicht einmal sieht. „Bleiben Sie zuversichtlich!“ Das klingt fast wie ein Abendsegen. Wie ein abendliches Ritual, so scheinen es viele zu empfinden.
Vor Kurzem hörte ich in einem Podcast eine Wirtschaftspsychologin, die über Zuversicht sprach. Sie ordnet das etwas altmodisch klingende Wort im Verhältnis zu „Hoffnung“ und „Optimismus“ ein. Optimismus bringt sie mit einer rheinischen Frohnatur in Verbindung: gut gelaunt bleiben und sich
den Spaß am Leben nicht verderben lassen! Hoffnung ist über alles hinaus etwas Großes, eine Vision. Etwas Unfassbares, das über den Horizont hinausgeht.
Zuversicht dagegen ist eine alltagstaugliche Eigenschaft. Sie motiviert zur Suche nach dem, was ich selber an einer schwierigen Situation ändern kann. Zuversicht gibt den Mut, ein Problem anzugehen. Sie hilft in belasteten Zeiten, die Gegenwart zu gestalten und die Zukunft vorzubereiten. Mir gefällt die Vorstellung, dass die Gesprächsleiterin in Konferenzen, wenn sich Problemstellungen auftun, fragt: „Können wir das ändern?“ Wenn das nicht so ist, weil wir keinen Einfluss auf die Rahmenbedingungen haben, dann legt sie das Problem beiseite. Nicht zu viel Energie ins Jammern investieren, auch wenn der Frust manchmal raus muss!
„Zuversicht hilft mir, mich nicht von den Problemen unterkriegen zu lassen.“
Zuversicht heißt: identifizieren, was ich selber tun kann, was wir zusammen tun können. Und dann damit anfangen, eine Lösung zu suchen. Selbst tätig werden. Und jetzt kommt die geheimnisvolle Abkürzung NIPSILD als Strategie ins Spiel: „Nicht in Problemen, sondern in Lösungen denken.“ Erfinderisch sein und darauf vertrauen, dass sich eine Lösung finden wird. Zugegeben, manchmal brauche ich eine Weile, um mich in der Enttäuschung, in der kleinen oder großen Krise wieder zu fangen. Diese Zeit muss ich mir nehmen, bevor ich zur Zuversicht zurückfinden kann.
Zuversicht hilft mir, mich nicht von den Problemen unterkriegen zu lassen. Ich überlege: Welchen ersten Schritt kann ich gehen, um dies oder das ein wenig besser zu machen? Zuversicht ist eine Haltung, um mein persönliches Leben, das Leben der Kirche, unser gemeinsames Leben als Gesellschaft zu gestalten. Welche Ideen gibt es? Kann es Lösungen geben, die aus dem Rahmen fallen, die wir noch nie gedacht haben? Trauen wir uns!
Als Christin ist Zuversicht für mich fest im Vertrauen verwurzelt, dass da einer Gutes mit uns vorhat. Mich stärkt der Taizé-Gesang „Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht, Christus, meine Zuversicht“. Ingo Zamperoni meinte in einem Interview, Glaube sei die ultimative Form von Zuversicht. In diesem Sinn also: „Bleiben Sie zuversichtlich!“
Zur Person:
- Martina Wittkowski ist Kreispfarrerin im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Oldenburger Münsterland.