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Nachbarschaft – ein Auslaufmodell?

Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Sich wieder mehr um die Nachbarschaft zu kümmern, ist vielleicht ein guter Vorsatz fürs Neue Jahr.

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In ein paar Tagen ist Jahreswechsel. Höchste Eisenbahn, sich mit guten Vorsätzen für das neue
Jahr zu beschäftigen. Leichter gesagt als getan, wenn einem nicht so richtig was einfallen will. Vielleicht könnte man sich 2025 wieder mehr um die Nachbarschaft kümmern? Aber ist das überhaupt realistisch?
Bekanntlich ist ja der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert! Und gab es nicht schon genug gute Wünsche und Aktivitäten in der Advents- und Weihnachtszeit?

In den Medien wurde doch viel vorweihnachtliche Harmonie verbreitet. Projekte und Initiativen wie „Gemeinsam gegen Einsam“ nahmen richtig Fahrt auf, um nicht oder nur wenig in Familie eingebundene Menschen aufzufangen. Aber kaum sind die letzten Weihnachtslieder gesungen und die Kerzen am Baum erloschen, geht es meist wieder zur Tagesordnung in den grauen Alltag über. Dabei wäre der Einsatz gegen Einsamkeit sicherlich an 365 Tage im Jahr notwendig.

Bei der Umsetzung dieser Aufgabe kann meiner Erfahrung nach eine funktionierende Nachbarschaft eine wichtige Rolle spielen. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich 1983 mein Haus im Inselviertel in Cloppenburg gebaut habe. Da war es für die Nachbarn selbstverständlich, einen Kranz zu binden, der mit großem Tamtam beim Richtfest am Hausfirst befestigt wurde. Anschließend war Party, die feuchtfröhlich noch bis nach Mitternacht ging. Gefeiert wurde viel in der Nachbarschaft.

„Die früheren Aktivitäten beschränken sich auf persönliche Freundschaften und sporadische Spargel- und Grünkohlessen mit den direkten Nachbarn. Dieser Niedergang hat sicherlich auch viel mit dem schon seit Jahrzehnten zunehmenden Individualismus in unserer Gesellschaft zu tun.“

Legendär war das „Inselfest“. Diese von „Inselvogt“ Hans Niemann organisierte Stadtteilfete mit „Inselolympiade“ und anderen Highlights bot Spiel und Spaß für alle Altersgruppen. Natürlich war auch für das leibliche Wohl gesorgt. Wie selbstverständlich wurde ich als „Neue“ dazu verdonnert, 2 Jahre hintereinander Dienst in einer mehr heiß als begehrten, stickigen Bratwurstbude zu schieben. Aber es hat auch Vergnügen bereitet, die vielen fröhlichen Menschen zu sehen. Diese Zeiten sind lange vorbei.

Die früheren Aktivitäten beschränken sich auf persönliche Freundschaften und sporadische Spargel- und Grünkohlessen mit den direkten Nachbarn. Dieser Niedergang hat sicherlich auch viel mit dem schon seit Jahrzehnten zunehmenden Individualismus in unserer Gesellschaft zu tun. Über digitale Medien kann man genauso gut mit jemandem in Australien als mit dem direkten Gegenüber kommunizieren.

Und das früher prägende Einfamilienwohnhaus wird zunehmend durch Nachverdichtung mit mehrgeschossigem Mietwohnungsbau ersetzt. Bedeutet wohl eher: Nachbarschaft ade! Der Widerstand dagegen kann aber auch das Gegenteil bewirken. In diesem Jahr waren es ein „Mini-Inselfest“ auf einem Spielplatz und ein „Lebendiger Adventskalender“ in der Siedlung. Das alte Feuer ist wohl doch noch nicht ganz aus! Sich wieder mehr um die Nachbarschaft zu kümmern, ist vielleicht doch ein guter Vorsatz fürs Neue Jahr. Beste Wünsche für 2025!


Zur Person:

  • Elisabeth Schlömer wohnt in Cloppenburg.
  • Sie war Leiterin des Ludgerus-Werkes Lohne bis zu ihrem Ruhestand 2019. Momentan ist sie ehrenamtlich tätig bei den „Machern – zu jung um alt zu sein“.
  • Die Autorin erreichen Sie unter: redaktion@om-medien.de.

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