Mit Zeugnissen endet Barßeler Schulgeschichte
61 Jahre hat die Haupt- und Realschule in Barßel eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Nun endet die Ära und die Schullandschaft stellt sich mit der IGS neu auf.
Hans Passmann | 01.07.2020
61 Jahre hat die Haupt- und Realschule in Barßel eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Nun endet die Ära und die Schullandschaft stellt sich mit der IGS neu auf.
Hans Passmann | 01.07.2020

Die Tage sind gezählt: Mit der Zeugnisübergabe wird die Haupt- und Realschule in Barßel aufgelöst. Lehrer wie Schüler sind sich der besonderen Situation bewusst und wissen, dass sie Geschichte schreiben. Foto: Astrid Fertig
"Ich bin stolz darauf, zum letzten Jahrgang der Realschule Barßel zu gehören", sagt Martina Makaresz. Zusammen mit 44 Mitschülern, die auf zwei zehnte Klassen verteilt waren, hat die 17-Jährige jetzt ihren Realschulabschluss geschafft. Nach den Sommerferien wird sie an der Berufsschule in Cloppenburg im Bereich Medientechnik ihr Abitur anstreben. "Wir haben mit unseren Lehrern viel erlebt", erzählt die Zehntklässlerin, "wir haben in sportlichen Wettkämpfen viel erreicht und viele von uns waren am Auslandsaustausch beteiligt." So wie ihr Jahrgang wird das in Barßel in Zukunft niemand mehr tun, denn die Realschule in Barßel hört nach 55 Jahren auf zu existieren, ebenso wie die Hauptschule. Dafür gibt es als weiterführende Schule im Hauptort der Gemeinde dann ausschließlich die Integrierte Gesamtschule, IGS. Dafür, dass Barßel eine IGS bekommt, hatten sich die Politik und Barßels Bürgermeister Nils Anhuth eingesetzt. Im Schuljahr 2015/16 startete die IGS ihren Betrieb im selben Gebäude an der Westmarkstraße wie die Haupt- und Realschule. In diesem Jahr werden dort erstmals 36 Schüler verabschiedet, die dort ihren Hauptschulabschluss erreicht haben. An der eigentlichen Hauptschule, die ebenfalls ausläuft, werden 16 Schulabgänger verabschiedet. "Es war gut, dass die Politik dafür die Weichen gestellt hat." Die Schulentlassung findet wegen Corona in einem anderen Rahmen statt als sonst. Auf Gottesdienst und Abschlussfest in Godensholt müssen die Absolventen verzichten. Stattdessen werden sie in vier Gruppen aufgeteilt und bekommen ihre Zeugnisse voraussichtlich am Donnerstag, 2. Juli, jeweils mit zeitlichem Abstand draußen auf dem Schulhof am Nebeneingang des Schulgebäudes überreicht. Jeder von ihnen darf eine Begleitperson mitbringen. Live-Musik wird es nicht geben. Wenn das Wetter schlecht ist, wird die Veranstaltung auf den 3. Juli verschoben. Falls es dann immer noch regnet, findet sie - mit verschärften Abstands- und Hygieneregeln - in der Schulaula statt. Bernhard Schaal wird bei der Feier einen Rückblick auf 61 Jahre Realschule halten unter dem Motto "Das Beste geht zum Schluss", das die Schüler ausgesucht haben. Dazu hat Schaal, der seit 34 Jahren Lehrer in Barßel ist, und die Realschule seit 2015 und die Hauptschule seit 2019 kommissarisch geleitet hatte, sogar ein Schwarzweiß-Foto der ersten Abschlussklasse der Barßeler Realschule herausgesucht. Das war 1965, als die Schüler noch zu Ostern entlassen wurden und die Schulform noch Mittelschule hieß. 30 junge Leute erhielten vor 55 Jahren ihr Zeugnis - jetzt werden als letzte Realschüler überhaupt die Jugendlichen 3197 bis 3241 entlassen. Die Barßeler Mittelschule genoss großes Ansehen in der Bevölkerung, macht Schaal deutlich. So hat er es den Aufzeichnungen der früheren Schulleiter Erhard Rabofski, Josef Möller und Peter Hofmayer entnommen. Auch damals bedurfte es schon intensiver Anstrengungen von Seiten der Gemeinde, um überhaupt eine Mittelschule in Barßel zu etablieren. Namentlich der damalige Bürgermeister Theodor Klinker hatte sich dafür eingesetzt. Der Realschulabschluss wurde von Wirtschaft, Handwerk und Handel anerkannt und er befähigte die Absolventen, ans Berufliche Gymnasium zu wechseln, um ihr Abitur zu schaffen. "Damals gingen nur wenige junge Leute direkt aufs Gymnasium", erzählt Schaal. In den ersten Jahren ihres Bestehens besuchten auch die Saterländer die Mittelschule in Barßel. Schaal macht deutlich, dass das vielseitige Schulleben eng verknüpft war mit dem Einsatz des Kollegiums. So gab es Auslandsaustausch, Segeltörns auf dem Ijsselmeer, Skifreizeiten und eine Vielzahl von Theateraufführungen. 1992 startete das Comenius-Projekt, das später in das Erasmus-Programm überging. Barßels Realschule wurde Europaschule. Schaal, der auch stellvertretender Schulleiter der IGS ist, bedauert nicht, dass dieses schulische Erfolgsmodell zusammen mit der Hauptschule nach 61 Jahren in Barßel ausläuft. Man müsse in die Zukunft blicken, sagt der Pädagoge, da werde Integration eine immer wichtigere Rolle spielen, und dafür sei die IGS die richtige Schulform. "Es war gut, dass die Politik die Weichen dafür gestellt hat." Niedersachsenweit sind Integrierte Gesamtschulen im Kommen. Wie die Sprecherin der Landesschulbehörde, Bianca Trogisch, mitteilt, ist die Anzahl dieser Schulform mit 98 mittlerweile landesweit gleichauf mit der der Realschulen, von denen es ebenfalls 98 in Niedersachsen gibt. Reine Hauptschulen existieren noch 58, hinzu kommen 30 kombinierte Haupt- und Realschulen Simone Petzold, die die Barßeler IGS seit November 2019 leitet, sagt, sie sei froh, dass diese am Schulstandort Barßel von all dem profitiert, was sich dort in Haupt- und Realschule bewährt hat – zumal das Kollegium weitgehend dasselbe geblieben ist. "Die Barßeler IGS ist eine tolle Schule, mit tollen Schülern und tollen Kollegen", stellt Petzold mit Überzeugung fest.

Die IGS ist in ganz Niedersachsen im Kommen
Gut und kompakt informiert zum Feierabend: Abonnieren Sie jetzt kostenlos unseren neuen WhatsApp-Kanal und erhalten den Newsletter „N'Abend, Oldenburger Münsterland“. Und nicht vergessen, die Benachrichtigungen auf dem Glocken-Symbol zu aktivieren! Hier geht es direkt zum WhatsApp-Kanal.