Seit ein paar Jahren begleitet mich ein Problem, das hartnäckiger ist als jede Steuererklärung und unangenehmer als jede Allergie im Frühling: Männer. Nicht alle, versteht sich – aber eine sehr engagierte, äußerst motivierte Teilgruppe, die sich offenbar zur Lebensaufgabe gemacht hat, mir das Dasein ein bisschen absurder zu gestalten.
Je mehr ich beruflich in der Öffentlichkeit stehe, desto mehr nimmt dieses Problem zu. Es scheint eine Art Naturgesetz zu sein: Mit jedem veröffentlichten Video erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwo ein Mann in einem schlecht beleuchteten Zimmer beschließt, mir um 3.58 Uhr seine tiefsten Gefühle mitzuteilen. Oder was er eben dafür hält.
Die Anfangszeit meines Jobs toppt allerdings alles. Ich übernehme für eine kurze Zeit einen Ort im Landkreis Vechta, bin noch ganz frisch, noch voller Tatendrang – da trudelt nach ein paar Tagen die erste Nachricht ein. Von einem jungen Mann. Um 4 Uhr morgens. Um 4! Ich schlafe um diese Uhrzeit. Ich antworte nicht auf Nachrichten, die nichts – und wirklich gar nichts – mit meinem Artikel zu tun haben. Vor allem nicht ohne ein einfaches „Hallo“. Oder ein Komma. Oder irgendein Anzeichen geistiger Anwesenheit. Die Absicht hinter seiner Nachricht ist jedenfalls schneller klar als jeder Wetterbericht im Hochsommer.
„Wenn diese Internethelden plötzlich leibhaftig vor mir stehen, passiert… nichts.“
Und so geht es weiter. Kaum erscheint ein neues Video von mir, schon fliegen auf Instagram 30 Anfragen rein. Minimum. Einige versuchen ihr Glück – mit der gleichen Erfolgsquote wie ein Lottospieler, der jede Woche auf die selben falschen Zahlen tippt. Kein Interesse, danke! Ich bin Journalistin, kein Single-Börsen-Start-up.
Das wirklich Spannende: Im echten Leben sieht das alles ganz anders aus. Wenn diese Internethelden plötzlich leibhaftig vor mir stehen, passiert… nichts. Absolute Funkstille. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie rot anlaufen, ist höher als bei einer Tomate in der prallen Sonne. Und bevor ich bis drei zählen kann – zack! – sind sie weg. Verdunstet. Einfach so.
Neulich erst: ein Konzert-Wochenende mit meiner besten Freundin. Danach feiern wir in Düsseldorf. Und – Überraschung! – auch dort bleiben die klebenden Männer nicht aus. Diesmal viele weit über 40. Weit. Ich könnte deren Tochter sein. Und ja, das macht mir Angst. Ich will feiern, tanzen, lachen – nicht auf einmal ungefragt in einer Bewerbung zur Stiefmutter landen.
Ich könnte inzwischen eine Studie daraus machen: „Wie Männer reagieren, wenn eine Frau einfach nur beruflich sichtbar ist.“ Als Fazit lässt sich festhalten: Es ist kompliziert. Und manchmal unfreiwillig komisch. Aber egal, wie viele seltsame Nachrichten nachts um 4 reinschneien – am Ende bleibe ich bei mir. Und mein Block-Button bleibt in Topform.
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