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Lieber Integration statt „Remigration“

Gästebuch: Nach dem Wahlergebnis, sind die Molberger nicht gut auf Ausländer zu sprechen. Spinnt man den Gedanken der Herkunft weiter, merkt man, dass sie vielleicht bald im selben Boot sitzen.

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Gästebuch: Nach dem Wahlergebnis sind die Molberger nicht gut auf Ausländer zu sprechen. Spinnt man den Gedanken der Herkunft weiter, merkt man, dass sie vielleicht bald im selben Boot sitzen.

Molbergen ist ein schönes Dorf. Einst regierte hier Deeken August als Bürgermeister, damals noch ehrenamtlich. Das Amt war ihm eine Ehre. Er hatte nichts gegen Ausländer und insbesondere auch nichts gegen Aussiedler, die damals in den 50er und 60er Jahren nach Molbergen strömten. Es waren die ersten Aussiedler aus dem Vielvölkerstaat Sowjetunion, die Monsignore Scheperjans nach Deutschland und insbesondere nach Molbergen geholt hatte.

Früher stand an dem Platz, wo heute das prächtige Gebäude der Volksbank nach weithin Eindruck macht, die Hotelgaststätte Thole-Vorwerk. Dort, wo Tholen Frieda jahrzehntelang regierte, klein und resolut. Tholen Frieda liebte alles Neue. In der plattdeutsch-liebevollen Umschreibung galt sie als „neischierig“, weil sie jeden Fremden ausfragte, woher er komme und was ihn nach Molbergen zu kommen veranlasst habe. Wenn’s gut lief, gab’s für den Fremden 'nen Schluck.

Die weit aus ausholenden, von selbstbewusstem Wohlstand zeugenden Siedlungen mit ihren schönen Ein- und Zweifamilienhäusern, Tausende an der Zahl, werden hauptsächlich von Aussiedlern, Russlanddeutsche auch genannt, bewohnt. In Eigenleistung und tatkräftiger Nachbarschaftshilfe haben sie zahllose Wohlfühloasen geschaffen. Die Idylle der schönen Harmonie ist seit Sonntag in Gefahr. Denn am Sonntag ist gewählt worden. Auch in Molbergen. Und wie überall ist auch in Molbergen die Wahl frei und geheim.

„Damit steht Molbergen, das harmonische Molbergen, an der Spitze der Ausländerfeindlichkeit“

In dieser freien und geheimen, nicht gemeinen Wahl wählte ein Viertel aller Wählerinnen und Wähler die „Alternative für Deutschland“. Jeder Vierte votierte rechtsextrem. Damit steht Molbergen, das harmonische Molbergen, an der Spitze der Ausländerfeindlichkeit. Denn die wird von der Partei, die jeder vierte Molberger gewählt hat, gnadenlos propagiert. Keiner war mit in der Wahlkabine. Keiner weiß, wer was gewählt hat.

In keinem Ort des Oldenburger Münsterlandes ist die AfD so stark. Und in keinem Ort des Oldenburger Münsterlandes leben so viele Russlanddeutsche. Viele von ihnen sind bekanntlich russlandfreundlich, und viele von ihnen halten auch mehr von Putin als von Scholz oder Merz. Wir sind ja Deutsche und keine Ausländer, sagen sie sich wohl, uns kann ja nichts passieren, auch wenn wir AfD wählen. Das mag jeder halten, wie er will. „Loat wään ast will“, sagt der Südoldenburger. Nur wenn es so weitergeht und die AfD dann das Sagen hat, droht womöglich Rückführung. Die AfD nennt das „Remigration“. Andere sagen „Deportation“.

Sollen nur noch die reinen Deutschen, die hier geboren und aufgewachsen sind und hier ihren Lebensunterhalt redlich verdienen, das Recht zum Aufenthalt hier haben? Der Rest muss zurück? Da sei Gott vor, sagen die evangelikal oder anders-christlich geprägten Russlanddeutschen. Denn das würde ja zur Entvölkerung ganzer Siedlungs-Striche vor allem in Molbergen führen, wenn's auf den Geburtsort ankommt. Und das kann ja keiner wollen. Man sollte sich also unterhaken und künftig solche Wahlergebnisse zu vermeiden versuchen.

Wer bei dieser gemeinen Wahl auch immer dazu beigetragen hat. Wer will denn schon zurück in die frühere Heimat? Immigration ist schon besser. Oder?


Zur Person:

  • Otto Höffmann ist Rechtsanwalt in Cloppenburg.
  • Den Autor erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse redaktion@om-medien.de.

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