Das Nachrichtenportal vonMünsterländische Tageszeitung MT undOldenburgische Volkszeitung OV

Liebe Sparkasse Osnabrück, ich lebe noch!

Kolumne: Eine Karteileiche bin ich für die Sparkasse schon seit Jahren. Nun erklärt sie mich in einem Brief für tot – und will meinen Nachlass ordnungsgemäß abwickeln.

Artikel teilen:

Streng genommen darf ich den Brief gar nicht öffnen, obwohl mein Name im Empfängerkasten steht. Eigentlich darf niemand diesen Brief öffnen. Denn der adressierte Personenkreis existiert nicht. „An die Erben“ steht über meinem Namen. Ich muss dreimal hinschauen. Habe ich mich verlesen? Meine Erben? Ich habe Vermögen hinterlassen? Das wüsste ich aber. Außerdem fühle ich mich noch ziemlich lebendig.

Das sieht die Mitarbeiterin der Sparkasse Osnabrück aber anders: „Sehr geehrte Damen und Herren, über Dritte wurden wir vom Tod von Herrn Friedrich Niemeyer informiert. Wir möchten Ihnen unser tief empfundenes Beileid aussprechen.“ Ein paar Worte der Anteilnahme, immerhin, nur um dann zum Wesentlichen zu kommen. Die Bank fordert den Leser auf, ihr meine Sterbeurkunde und „Erblegitimation (Testament, Erbschein, …)“ zeitnah zuzuschicken, um die Erben zu ermitteln und den Nachlass ordnungsgemäß abzuwickeln – „Freundliche Grüße, Sparkasse Osnabrück“.

„So viel möchte ich meinen zukünftigen Erben mitteilen: Ein Streit um mein Osnabrücker Bankkonto lohnt sich nicht.“

So bürokratisch läuft das also ab, wenn ich sterbe. Es muss ja alles geregelt zugehen. Nach dem Tod geht es eben nicht nur um die Frage, wer du warst, sondern auch darum, was du hinterlässt. Manche interessieren sich vor allem für Letzteres, falls es denn etwas zu holen gibt. „Der Mensch ist gierig und unersättlich geworden“, sagt sogar Papst Franziskus. In wessen Eigentum der Nachlass übergeht, regelt oft ein Testament.

Für die Hinterbliebenen ist der letzte Wille gleichzeitig die letzte Botschaft des Verstorbenen, in die sich viel hineininterpretieren lässt. Erbschaften wecken Gier, Neid und Eifersucht. Ganze Familien sind schon daran zerbrochen. Aber so viel möchte ich meinen zukünftigen Erben mitteilen: Ein Streit um mein Osnabrücker Bankkonto lohnt sich nicht. Da gibt es nicht viel zu holen. Um genauer zu sein, nur etwas mehr als einen Euro.

Vielleicht bin ich einfach eine Karteileiche, die die Bank loswerden will

Den exakten Betrag kenne ich nicht. Ich habe noch nie Geld auf dem Konto bewegt oder Kontoauszüge abgeholt. Mein ehemaliger Vermieter hatte das Konto in meinem Namen eröffnet, für die Zinsen, die meine Kaution abwarf. Seit ich Osnabrück verlassen habe, liegt das Geld dort und ich bin offiziell Kunde der Sparkasse Osnabrück. Die Bankkarte klebt noch auf dem Sparkassen-Brief, den ich im Ordner abgeheftet habe.

Vielleicht, so denke ich mir, wurde die Sparkasse nicht wirklich von obskuren „Dritten“ über meinen angeblichen Tod informiert. Vielleicht bin ich einfach eine Karteileiche, die sie loswerden will. Andererseits: Wenn seit Jahren niemand Geld von dem Konto abgehoben oder eingezahlt hat, dann kann der Inhaber ja tatsächlich gestorben sein. Der Gedanke liegt zumindest nahe.

Liebe Sparkasse Osnabrück, ich kann versichern: Ich lebe! Danke, dass ich euretwegen über meinen Tod nachdenken durfte. Aber ihr habt ja recht. Das Konto sollte ich wirklich auflösen. Daran habe ich sowieso von Anfang an gedacht, ich bin nur irgendwie noch nicht dazu gekommen. Jetzt werde ich das schleunigst nachholen.


Zur Person:

Gut und kompakt informiert zum Feierabend: Abonnieren Sie jetzt kostenlos unseren neuen WhatsApp-Kanal und erhalten den Newsletter „N'Abend, Oldenburger Münsterland“. Und nicht vergessen, die Benachrichtigungen auf dem Glocken-Symbol zu aktivieren! Hier geht es direkt zum WhatsApp-Kanal

Hier klicken und om-online zum Start-Bildschirm hinzufügen

Liebe Sparkasse Osnabrück, ich lebe noch! - OM online