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Ich glaub, ich hab ’nen Vogel

Kolumne: Von der Pike auf – Balkon, statt Talkshow – mein neues Haustier kam geflogen und blieb länger als gedacht.

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Darf ich vorstellen: Ich habe ein neues Haustier. Sein Name ist Johannes B. Körner. Mein neuer Mitbewohner trägt ein grau-weißes Federkleid und hat runde, braune Augen. Hunger hat der kleine tierische Freund übrigens auch – und das ganz schön viel. Einen ganzen Teller voll mit Nüssen vernichtet der Miniatur-Staubsauger in 5 Minuten. Auch scheint er gleich mehrfach geheiratet zu haben, denn er trägt zwei silberne Ringe an seinen Füßen. So redegewandt wie sein Namensvetter ist B. Körner allerdings nicht. Das ist vielleicht auch ganz gut so. Wovon ich spreche? 

Ich habe kürzlich Besuch von einer Brieftaube bekommen. Das Tier hatte sich bei seinem Flug verirrt und auf unserem Balkon Rast eingelegt. Einige Kilometer musste der Vogel schon hinter sich gehabt haben, denn er war dehydriert und erschöpft. Deshalb gab ich ihm ein paar Körner – so ist übrigens auch sein Name entstanden – und etwas Wasser. Darüber schien sich die Taube sehr zu freuen, denn sie fiel geradezu über ihr Mittagessen her. 

Ein verdächtiges Tapsen im Wohnzimmer

Vollgefressen und sichtlich zufrieden legte sich die Taube erstmal zum Schlafen hin. Ich nutzte den Moment, um mich schlau zu machen und entdeckte auf einem der Ringe eine Telefonnummer. Am anderen Ende der Leitung meldete sich der Sohn des Züchters. Ich berichtete von meinem überraschenden Gast – doch er schien wenig beeindruckt. Die Taube würde schon wieder zurückfinden, sagte er. Und tatsächlich: Nach ein paar Stunden flog sie dann tatsächlich davon. Ich war erleichtert – aber auch ein kleines bisschen traurig.

Doch am nächsten Tag vernahm ich plötzlich ein verdächtiges Tapsen im Wohnzimmer. Die Taube war wieder da! Durch die geöffnete Balkontür war sie geradewegs in meine Wohnung spaziert – als hätte sie nie woanders gewohnt. Sie machte es sich unter dem Esstisch gemütlich. Fehlte nur noch, dass sie sich den Fernseher anmacht und sich an meinen Chips bedient. 

„Ich begann sogar zu überlegen, ob B. Körner wohl demnächst Nachwuchs anschleppen würde.“

Und auch die Tage darauf kam mich B. Körner jedes Mal besuchen. Pünktlich nach Feierabend stand die Taube vor meinem Fenster und schaute mich erwartungsvoll an. Es war so, als wüsste sie, wann ich von der Arbeit zu Hause bin. In die Wohnung ließ ich sie trotzdem nie hinein. So sehr ich ihr vertraute, ihrer Verdauung traute ich nicht über den Weg. 

Immer hungrig und auch mal müde: die Brieftaube. Foto: FrerichImmer hungrig und auch mal müde: die Brieftaube. Foto: Frerich

Tagsüber war sie offenbar viel beschäftigt: vielleicht auf Taubenkonferenzen, beim Federstylisten oder auf der Suche nach der großen Liebe.

Ein bisschen gewöhnte ich mich an die abendlichen Besuche. Auch, wenn mein Körnervorrat so langsam zur Neige ging. Ich begann sogar zu überlegen, ob B. Körner wohl demnächst Nachwuchs anschleppen würde. Dann hätte ich gleich eine ganze Tauben-WG gründen können. 

Doch nach 2 Wochen war der Spuk plötzlich vorbei. Kein Tapsen, kein erwartungsvoller Blick durchs Fenster. Offenbar hatte sie endlich ihren Weg nach Hause gefunden. Ich hoffe, sie erzählt den anderen Tauben noch lange von ihrem All-inclusive-Aufenthalt im „Hotel Sarah“. 


Zur Person:

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