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Ich bin der Max und steh’ am Grill

Kolumne: Nach 3 Jahren Abstinenz am Bratrost wagten mein junger Herr und ich uns aus der Defensive. Schnell wich der anfängliche Stolz wortkarger Demut.

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„Ich habe Feuer gemacht“, brach' es aus mir heraus. Mein innerer Homo erectus trommelte sich vor Stolz auf die haarlose (Kinder-) Brust. Uga, uga! Steinzeit-Max ist ein Teil der Zeitenwende vor etwa 1,8 Millionen Jahren.

Nun ja, dachte ich zumindest. In Wahrheit hatte ich keinen Grund, mich so erhaben wie Tom Hanks im Film „Cast away“ zu fühlen. Ich war weder mit einem Flugzeug abgestürzt noch auf einer einsamen Insel gestrandet. Und ich hatte erst recht kein Feuer gemacht. Der Schreibtischheini war bloß in der Lage, den Grillanzünder mit der Flamme eines Feuerzeugs anzustecken, damit die Misere ihren Lauf nehmen konnte.

Nach knapp 3 Jahren unerhörter Abstinenz am Bratrost bekam ich langsam aber sicher Angst, in der Grillhochburg Südoldenburg exkommuniziert zu werden. Also: Man könnt' ja mal wieder. Rost raus, Kohle scheffeln und für Bratwurst, Grillis und Bauchspeck ausgeben. Und natürlich welche unters Metall schütten, damit das Fleisch über heiße Kohlen laufen kann.

„So steht es auch in der Anleitung. Klug, wer sie vorm ersten Versuch liest. Doof, wenn der Analphabet Homo erectus lieber alle möglichen Fehler macht, die es zu machen gibt, statt die Gebrauchsanweisung zu studieren.“

Früher – im Kartoffelkrieg – wurde Kohle mit Pappen heiß gewedelt. Föhne taten’s auch. Heute ist das Steinzeit. Stattdessen gibt’s den Grillkamin. Grillanzünder an, Kohle rein. 15 Minuten warten. Voilà: glüht.

So steht es auch in der Anleitung. Klug, wer sie vorm ersten Versuch liest. Doof, wenn der Analphabet Homo erectus lieber alle möglichen Fehler macht, die es zu machen gibt, statt die Gebrauchsanweisung zu studieren. Heißt: nichts mehr heiß. Kohle kalt. Grill aus.

Dabei hatte es mir Tom Hanks in „Cast away“ vorgesagt: „Da muss Luft dran!“ Stattdessen verdichtete ich Dämlack die Löcher am Deckel und schob die Luftschlitze am Boden des Grills zu. Sehenden Auges wanderte die Hitzenadel auf der Skala immer weiter nach unten. „Das muss so“, versicherte ich siegesgewiss. In der Schule hatte ich schließlich gelernt, dass die lateinische Bezeichnung Homo erectus für den „aufgerichteten Menschen“ steht. Einknicken vor jahrtausendelanger menschlicher Errungenschaft wegen eines abkühlenden Grills kam für mich nicht infrage.

„Beim Servieren sinnierten die Herren des Hauses über ihren vermeintlichen Titel. Falscher Stolz wich Demut.“

Während Pappn und ich darüber nachdachten, ob wohl auch Brot und Salat satt machen, kam den Meisterinnen am Grill die zündende Idee. Sie hatten parallel die Gebrauchsanweisung gelesen und obendrein mehr gesunden Menschenverstand als „Grillmeister“ und Lehrling zusammen. Die Chefinnen hatten unsere Kohlen erst aus dem Feuer geholt, um sie anschließend wieder zum Glühen zu bringen. Dieses Mal mit Luft dran. Dann drehten und wendeten sie das Fleisch, bis es gar und knusprig war.

Beim Servieren sinnierten die Herren des Hauses über ihren vermeintlichen Titel. Falscher Stolz wich Demut. Mein „Uga, uga“ verstummte. Ich war nur noch der Max und stand am Grill, aber immerhin aufrecht wie der Homo erectus!


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