Humor ist …
Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Karneval ist vorbei. Zu diesem Anlass bietet es sich an, sich ernsthaft mit Humor auseinanderzusetzen.
Dr. Heinrich Dickerhoff | 23.02.2023
Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Karneval ist vorbei. Zu diesem Anlass bietet es sich an, sich ernsthaft mit Humor auseinanderzusetzen.
Dr. Heinrich Dickerhoff | 23.02.2023
Jetzt, wo Karneval vorbei ist, können wir ja einmal ernsthaft über Humor nachdenken. Obwohl – Humor ist ja die Fähigkeit, nicht alles todernst zu nehmen, nicht das Leben, nicht einmal den Tod, vor allem nicht sich selbst. Wer Humor hat, spürt, wie komisch das Leben oft ist. Nicht unbedingt lustig. Aber komisch. Seltsam. Verrückt. Komisch etwa, dass 1991 der Karneval wegen des fernen Irak-Kriegs abgesagt wurde, aber 2023 nicht trotz des recht nahen Ukraine-Kriegs, der heute schon ein Jahr dauert. Komisch. Aber irgendwie doch richtig, dass wir Herrn Putin und seinen Handlangern nicht zu viel Macht über unseren Alltag lassen. Wie gut, da zu leben, wo man miteinander und übereinander lachen darf! Nun ist das Leben sicher nicht immer zum Lachen. Und Lachen zeugt auch nicht immer von Humor. Ja, echter Humor zeigt sich kaum einmal im Lachen aus vollem Halse. Wenn wir uns ausschütteln vor Lachen, sind wir eher albern – wobei sinnfreies Blödeln, Albernheit hat als eine sehr urtümliche, ja kindliche Form von Anarchie, doch wieder mit Humor zu tun. Häme hingegen nicht. Wer andere, die sich nicht wehren können, auslacht, verhöhnt, lächerlich macht, der ist nicht humorvoll, sondern nur gemein und selbstgerecht. Otto Bierbaum (1865 bis 1910) verdanken wir die schöne Einsicht: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Und er schrieb auch: Verloren ist, wer den Humor verlor. Humor schafft lachend oder schmunzelnd Distanz zum Leben, wie es ist, und dadurch wirkt er befreiend. Darum blüht in Diktaturen der politische Witz, darum fürchten Diktatoren den Witz, der zwar nicht ihre äußere Macht aufhebt, aber ihre Macht über die Seelen der Beherrschten infrage stellt. Darum gab es, als die Kirchenherren noch Macht über ihre Gläubigen hatten, einen typisch katholischen Humor, der sich amüsierte auf Kosten der Geistlichkeit oder über die offizielle Sexualmoral. Und der rabenschwarze jüdische Humor, der scheinbar alle antisemitischen Klischees bestätigte, zeigte doch nur deren Irr-Sinn. Echter Humor schafft Distanz zu dem, was mich bedrängt und bedroht. Er schafft aber auch Distanz zu mir selbst, zu meinen Wünschen und Sorgen. Humorvolles Lachen ist immer auch Lachen über mich selbst – ich bin vielleicht anders, aber im Grunde nicht weniger komisch als die anderen, als das Leben, als die Welt. Und Humor ist auch nicht die einzige Weise, so Distanz zu wahren gegenüber dem Leben und mir selbst, dass es mich entlastet und ermutigt. In der eher humorfreien Bibel ist das „Lob“ der Weg solch heilsamer Distanzierung. „Loben“ meint biblisch nicht wie meist heute ein leicht herablassendes „Gut gemacht“. Wer im biblischen Sinne lobt, stimmt ein in Gottes großes Ja zum Leben, ganz losgelöst von der eigenen Befindlichkeit. Es dreht sich nicht alles um mich und um das, was mich fesselt oder niederdrückt. Lachen und loben – zwei Wege zur heilsamen Distanz, die nicht immer, aber manchmal doch aus der Dunkelheit der Seele führen können."Nun ist das Leben sicher nicht immer zum Lachen. Und Lachen zeugt auch nicht immer von Humor."Heinrich Dickerhoff
Leider ist Humor kein Allheilmittel – der jüdische Humor konnte den Holocaust nicht verhindern, und kein Tyrann wurde durch Witze gestürzt.Zur Person:
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