Himbeeren oder: Es ist genug für alle da
Kolumne: Auf ein Wort – Die Himbeerernte macht erst so richtig Freude, wenn man sie mit anderen teilt.
Martina Wittkowski | 05.08.2025
Kolumne: Auf ein Wort – Die Himbeerernte macht erst so richtig Freude, wenn man sie mit anderen teilt.
Martina Wittkowski | 05.08.2025
Ob sie der ursprüngliche Besitzer unseres Hauses oder unser Vormieter gepflanzt hat, weiß ich nicht. Jedenfalls gibt es in unserem Garten neben einem Apfel- und einem Pflaumenbaum auch Himbeersträucher. Wahrscheinlich standen sie ursprünglich einmal innerhalb des hohen Gartenzaunes. Weil sie die Sonne lieben, sind sie nach Süden ausgewandert, auf die andere Seite des Zauns an die Straße. Nun wohnen wir zwar in einer ruhigen Gegend. Aber zu bestimmten Tageszeiten ist doch viel los: In unserer Nachbarschaft gibt es drei Schulen. Morgens kurz vor acht und nachmittags gegen halb vier findet eine regelrechte Völkerwanderung statt. Bald geht es wieder los. Vor allem nach der Schule sind die Schülerinnen und Schüler meist in angeregte Gespräche vertieft. Ungefähr die Hälfte von „Es ist genug für alle da!“ – Wie gut wäre es, wenn das auch für alle überall erfahrbar wäre?“ Wir haben uns überlegt, ob wir uns darüber ärgern sollten. Ein Schild anbringen „Ernten verboten!“ – oder uns auf die Lauer legen. Wir haben uns dagegen entschieden und uns das Motto zu eigen gemacht: „Es ist genug für alle da!“ Und es stimmt wirklich. Auch in diesem Jahr gab es für uns noch einige Früchte zum Naschen. Und ein paar Gläser Himbeermarmelade stehen jetzt auch in unserem Regal. Eingemachtes Glück – das ist, finde ich, eine schöne Beschreibung. Etwas vom Sommer bleibt. Geschenkt irgendwie, weil wir so gut wie nichts dafür tun. Und selbstgemacht, weil ich so gerne Marmelade koche. Glück eben. „Es ist genug für alle da!“ – Wie gut wäre es, wenn das auch für alle überall erfahrbar wäre? Wenn wir uns ein paar mehr Gedanken darüber machten, welche Auswirkungen unser Konsum und unser Lebensstil auf die Lebenssituation anderer hat? Zugegeben, die Zusammenhänge sind komplizierter als bei der Himbeerernte. Doch: „Vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen.“ (Hebräer 13,16) ist ein guter Tipp aus einem der biblischen Briefe. Die geschenkten Güter dieser Erde zu teilen, das könnte wahres Glück sein.
ihnen kommt an unserer Himbeerplantage vorbei. „O guck mal, Himbeeren!“ ist da in der Erntezeit nicht selten zu hören. Und dann wird genascht. Manchmal, wenn wir gerade um die Ecke gucken, sehen wir auch andere Himbeerliebhaber beim Mundraub. Sogar alte Damen und Herren mit Rollator halten vor den Himbeersträuchern und genießen ein paar der leuchtend roten Früchte. Oder Familien mit kleinen Kindern.
„Es ist genug für alle da!“ – So macht die Himbeerernte, die wir uns gerne mit anderen teilen, so richtig Freude. Das Motto stammt eigentlich von Brot für die Welt. Vor dem Hintergrund der ungleich verteilten Güter auf der Erde bekommt es einen anderen Klang. Eigentlich wächst überall vor Ort genug, damit die Menschenkinder, die dort wohnen, genug haben und satt werden. Aber die Ausbeutung der Ressourcen durch ehemalige Kolonialmächte und andere mächtige Nationen hat das Gleichgewicht durcheinandergebracht. Die Klimakatastrophe, zu der wir alle beitragen, tut das Übrige. Zur Person:
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