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Gesicht wie dei Pappen?

Kolumne: Notizen aus dem Wahren Leben – Will man wirklich aussehen wie der eigene Vater? Oder gar wie der Uropa?

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„Du hast ja ein richtiges Schröer-Gesicht. Man kann ja sofort erkennen, wo du herkommst.“ Wie oft habe ich diesen Satz schon gehört – und zucke immer ein bisschen zusammen. Zum Glück kommt oft der Nachsatz: „Dien Brauer Wolfgang aower noch'n bäten mehr – wie jau Pappen.“

Immer öfter blicke ich jetzt mit gemischten Gefühlen in die Ahnengalerie, die bei uns im Büro hängt: Uropa, Opa, Vater – und ich sitze davor, hänge noch nicht an der Wand, ich lebe ja schließlich noch. Drei Generationen, die mich mit ernsten Blicken, Rauschebart, nach hinten geschwungenen grauen Haaren und eingefallenen Wangen ansehen. Gut, die drei Herren im schicken Anzug waren mindestens um die 80, als das Blitzlicht knipste – ich bin ja erst 64. Aber die Ähnlichkeiten sind wohl doch da. Oft, wenn ich morgens in den Spiegel schaue, will ich gar nicht so genau hinsehen. Blickt mich da der Uropa an? Bloß nicht winken – gleich nickt der noch zurück.

Denn will man wirklich aussehen wie der eigene Vater? Oder gar wie der Uropa? Alt geworden sind sie alle, das stimmt, und es liegt ja auch Stolz in ihren Augen. Dieselben Züge, dieselben Augen, dasselbe Kinn. Eine Art stilles Erbe. Muss das sein? Nein, genauso möchte ich nicht werden.

Das geht nicht nur mit dem Aussehen so. „Du redest schon genauso wie Opa“, hat mir neulich eines meiner Kinder gesagt. Das war nicht nett gemeint. Ich hörte die Stimme meines Vaters in mir – mit erhobenem Zeigefinger, voller Lebensweisheiten, die er gern mit uns teilte. Nichts war wichtiger als der Heimatort. Ein Mann mit Ansehen, und stritten. Aber möchte ich, dass meine Kinder eines Tages die Augen verdrehen und sagen „Ja, ja, genau wie der Alte“?

„Vielleicht lässt sich am Schröer-Gesicht ja doch noch ein bisschen herumfeilen. Weiterentwickeln, genug essen, die Wangen füllen – aber auf keinen Fall einen Vollbart!“

Opa hatte übrigens einen ehrenvollen Lieblingsspruch: „Solange die Finger an meiner Hand nicht alle gleich lang sind, kann ich immer noch dazulernen.“ Vielleicht gilt das auch fürs Gesicht. Vielleicht lässt sich am „Schröer-Gesicht“ ja doch noch ein bisschen herumfeilen. Weiterentwickeln, genug essen, die Wangen füllen – aber auf keinen Fall einen Vollbart!

Nee, ihr drei da an der Wand, genauso möchte ich nicht aussehen. Vielleicht ein Stück weit,
aber schon mit meinem eigenen Kopp – außen und innen.

Und nachdem ich nun so lange über die Gesichter meiner Vorfahren nachgedacht hatte, ging ich erst einmal direkt zum Friseur. „Mach mir die Haare bitte nicht so, dass ich aussehe wie Vater, Opa oder Uropa“, bat ich meine Lieblingsfriseurin, die schon Mutter und Tante wöchentlich unter die Haube genommen hatte. Sie lachte und sagte: „Ach, tust du doch noch gar nicht.“ Und dann gab sie mir den besten Tipp des Tages: „Mach es wie ich: Ich schaue mir nur die Bilder meiner jungen Mutter an – das passt. Die anderen lasse ich einfach weg.“

Eine super Idee! Die Ahnengalerie wird ausgetauscht. Jetzt nur noch Bilder um die 30. Na gut, 40 vielleicht auch noch – aber weg mit den ernsten Rauschebärten.


Zur Person:

  • Der Autor Antonius Schröer führt mehrere Modehäuser.
  • Er verkörpert das Vechtaer Original „Straßenfeger“ im Karneval.

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