Flüchtlinge tauschen sich in Cloppenburg mit Politikern aus
62 Geflüchtete nahmen in dieser Woche an einem Seminar in der Katholischen Akademie Stapelfeld teil. Am Donnerstag sprachen sie mit Politikern über Dankbarkeit, Hoffnung und Zweifel.
Direkter Austausch: Franz-Josef Wilken (links), Stephan Christ (Mitte) sowie Christoph Eilers (nicht im Bild) hatten ein offenes Ohr für die Sorgen der Flüchtlinge. Foto: Niemeyer
Zu den Themen Integration und Migration haben sich am Donnerstagvormittag Flüchtlinge mit Politikern aus der Region in Stapelfeld ausgetauscht. Das Treffen mit Stephan Christ (Grüne), Christoph Eilers (CDU) und Franz-Josef Wilken (SPD) fand im Rahmen eines Sommerseminars für Geflüchtete in der Katholischen Akademie Stapelfeld (KAS) statt. Die KAS veranstaltet seit 2015 jeden Sommer ein Seminar für Geflüchtete. Seit vergangenem Jahr nehmen vermehrt ukrainische Geflüchtete an dem Seminar teil, aber auch Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Iran und Irak waren in diesem Jahr unter den 62 Teilnehmern.
Viele der Teilnehmer lernen derzeit Deutsch und sind auf der Suche nach einer Arbeit, darunter eine 37-jährige Rechtsanwältin aus der Ukraine, die in Deutschland gerne als Rechtsanwaltsgehilfin arbeiten würde. Sie wohnte bei Cherson in der Nähe des Kachowka-Staudamms, der mutmaßlich von den Russen zerstört worden ist. Sie hätte mit ihrer Familie zu Beginn des Krieges unter russischer Besatzung gelebt und sei mit ihrem Mann und den Kindern über die Krim und Russland geflüchtet. Sie sei den Deutschen sehr dankbar, dass sie so viele Geflüchtete aufgenommen hätten. Allerdings spüre ihre Familie Unsicherheit, da ihr Aufenthaltsstatus nur für 2 Jahre gelte und immer nur um ein Jahr verlängert werde.
Flüchtlinge aus fünf Nationen: 62 Geflüchtete nahmen am Sommerseminar der Katholischen Akademie teil, darunter auch 31 Kinder (drei davon im Bild). Foto: Niemeyer
Ukrainer sprechen über ökologische Katastrophe
Eilers, Christ und Wilken erklärten, dass es Aufgabe der Bundesregierung sei, hier für mehr Sicherheit zu sorgen. In der Stadt sowie im Land könnten sie kaum Einfluss auf die Bundesgesetzgebung nehmen. Kommunalpolitiker Wilken sagte, dass sich Geflüchtete über einen Job und eine gute Integration zumindest bessere Chancen auf einen langfristigen Aufenthalt erarbeiten könnten.
Die Landespolitiker Eilers und Christ sagten, dass sie das Thema mit in ihre Parteien nehmen wollten. Geflüchtete aus der Ukraine müssten sich zumindest keine Sorgen machen, dass sich ihre Situation grundlegend verschlechtere, das sei parteiübergreifender Konsens, sagte Eilers. Christ erklärte, er könne sehr gut verstehen, dass ukrainische Flüchtlinge mehr Gewissheit haben wollten, zumal sie sich nicht nur um ihre Zukunft in Deutschland sorgten, sondern auch um ihre Heimat.
Die ukrainischen Flüchtlinge sprachen außerdem von einer ökologischen Katastrophe in den Gebieten rund um den Kachowka-Staudamm. Dort seien nicht nur Städte und Dörfer zerstört worden, sondern auch große Flächen sehr fruchtbarer Erde. Diese Gebiete seien derzeit nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar.
Diskussion um unterschiedliche Behandlung
Eine weitere Geflüchtete aus der Ukraine erklärte, die Russen hätten sie während ihrer Flucht mit ihren Kindern in mehreren Filtrationslagern verhört. In Deutschland habe sie kaum Zeit, sich zu integrieren, weil sie für ihr autistisches Kind keine Kita und keinen Psychologen findet. Wilken erklärte am Rande der Sitzung, er wolle der Mutter sowie ihrem Kind helfen und sich erkundigen.
An der Diskussion nahmen auch drei Kinder teil, darunter Raman, der mit seiner Familie aus Syrien nach Deutschland geflüchtet ist. Er fragte, warum Deutschland ukrainische Flüchtlinge besser behandele, als zum Beispiel Flüchtlinge aus Syrien. Eilers stimmte ihm zu, dass das ungerecht sei. So müssten Flüchtlinge aus der Ukraine keine Asylverfahren durchlaufen. Man habe gehofft, dass ihnen nur kurzfristig geholfen werden muss. Zudem könne Deutschland nicht allen helfen, man komme hier und da an seine Grenzen.
Der Leiter des Seminars, Heinrich Siefer, sagte, Migration sei weniger eine Last, als viel mehr eine Bereicherung. "Migration hat Zukunft", so Siefer.
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