Erst blinken, dann bremsen und danach abbiegen
Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Verkehrsregeln und Politik sind nicht für jeden gleich einleuchtend.
Andreas Kathe | 01.06.2023
Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Verkehrsregeln und Politik sind nicht für jeden gleich einleuchtend.
Andreas Kathe | 01.06.2023
Ups, gerade noch einmal gut gegangen. Wir folgten mit unserem Pkw einem anderen Wagen, der plötzlich scharf abbremste. Dann schlug der Fahrer das Lenkrad ein, um nach links in eine Nebenstraße abzubiegen. Zur Bestätigung des Richtungswechsels betätigte er während des Abbiegevorgangs noch kurz den Blinker. Gut, dass wir einen passablen Abstand zum Vorausfahrenden hatten. So reichte unser Bremsweg aus, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Sie kennen das? Nun, dann sind sie meiner jahrzehntelangen Erfahrung nach Südoldenburger. Situationen wie diese sind bei uns an der Tagesordnung, weil offenbar schon über Jahrhunderte genetisch vorbestimmt: Erst scharf abbremsen, dann ein fröhlicher Fingerzeig nach links, und ab geht es auf die nächste Kuhweide. So oder ähnlich stelle ich es mir vor, wenn in uralten Zeiten der Bauer mit Ochsengespann und klapprigem Miststreuer unterwegs war. Ach ja, dann kam natürlich in dem Moment von hinten der örtliche Vogt mit seinem flotten Landauer, setzte zum Überholen an – und schon erfolgte der gemeinsame Überschlag ins zuvor noch grüne Gras. Den Rest kann man sich ausmalen. Immerhin musste der Vogt danach nicht die Polizei rufen. Die Strafe erhielt der Missetäter an Ort und Stelle. Heute wird natürlich auch zur Ordnung gerufen, wer nicht blinkt, wenn er abbiegen will, zum Überholen ansetzt – oder so schnell unterwegs ist, dass andere da gar nicht mehr mitkommen. Das passiert selbst in unserer schönen Hauptstadt Berlin, wo progressive grüne Vordenker uns noch vor dem nächsten Kälteeinbruch mit neuen, viel schöneren Heizsystemen versorgen wollen. Pech nur, dass auch sie beim Abbiegen auf diese ja durchaus richtige neue Fahrbahn zu spät den Blinker setzten. Na gut, blinken ist vielleicht nicht das richtige Wort. Aber die neue Richtung ausführlich erklären, sie für alle verstehbar ausgestalten, das hätte dem überlebenswichtigen Thema Klimaschutz gutgetan. So kommt der Vogt, diesmal ganz in Gelb, und straft den übereiligen grünen Abbieger mit harter Hand. Vielleicht auch, weil er Angst um die Zukunft seines Porsches – äh Landauers hat; wer weiß? Und wenn unsere gemeinsame Weiterfahrt dann auch am Ende mit einem Überschlag auf der Wiese landet – das wäre Mist! „Dann wären die Grünen in Berlin also genau wie wir Südoldenburger“, knüpfte die beste Ehefrau von allen an meine Gedankengänge an. „So würde ich es nicht unbedingt ausdrücken“, begann ich meine Gegenrede, bevor ich das Lenkrad einschlug, auf die Bremse trat und danach den Blinker betätigte… Zur Person:„Dann wären die Grünen in Berlin also genau wie wir Südoldenburger“, knüpfte die beste Ehefrau von allen an meine Gedankengänge an.Andreas Kathe
Das neue E-Paper ist da: Mit einem deutlich besseren Lesekomfort inkl. Vorlesefunktion, täglichen Rätseln und einer Audiothek. Ab sofort erhältlich unter mein.om-online.de oder im App-Store bzw. Google-Playstore.