Spätestens, als den Anwohnerinnen und Anwohnern einiger Straßen in Steinfeld und Mühlen ein Infobrief der Gemeinde ins Haus flatterte, kochte die Volksseele. 21.000 Euro für ein paar Meter Straße sollten einige Haushalte laut der Bürgerinitiative „Bürger statt Beiträge“ in den Rinnstein werfen, damit sie mit dem Auto wieder schlaglochfrei ihr Haus erreichen können. Gut für Reifen und Stoßdämpfer, schlecht fürs Portemonnaie. Wobei: Für 21.000 Euro bekommt man nicht mal annähernd ein neues SUV-Auto.
Dennoch zeigten die Proteste von „Bürger statt Beiträge“ Wirkung. In einer geheim gehaltenen Sitzung einigt sich die CDU-Fraktion im Gemeinderat mit sich selbst, nicht mit einer Stimme zu sprechen. Dadurch werden die Ausbaubeiträge endgültig abgeschafft.
So weit, so klar. Was bislang noch geheim war: Dafür sollen die Anwohnerinnen und Anwohner mit Schippe und Hacke bewaffnet ihre Straßen selbst sanieren. Das neue Motto: „Bürger statt Bagger“.
„Der Bauhof stellt Experten zur Verfügung. Ein Sanitätshaus liefert kostenlos Verbandsmaterial. Ein Getränkemarkt sorgt für das Bier.“
Der Bauhof stellt dafür fachkundige Experten zur Verfügung, hieß es. Denn, wer weiß schon, wie man Kanalrohre verlegt, eine Dampframme bedient oder unfallfrei teert. Ein Sanitätshaus liefert kostenlos Verbandsmaterial, mehrere Bäcker wollen übriggebliebene Stullen schmieren, ein Getränkemarkt möchte einmal pro Woche eine Kiste Bier spendieren – alkoholfrei natürlich.
„Wir sind stolz, dass die Straßenausbaubeiträge nicht für den Wahlkampf im kommenden Jahr instrumentalisiert werden können“, hieß es aus der CDU-Fraktion. Außerdem bekämen die vielen Leserbriefschreiberinnen und -schreiber für die kommenden Jahre eine vernünftige Aufgabe. Die Unabhängige Wählergemeinschaft freut sich auf „einen neuen Gemeinschaftssinn, den wir in unserer Gemeinde stiften“.
Die Verwaltung prüft, ob auch Langzeitarbeitslose mit anpacken können. „Dafür muss die Berliner Koalition das Bürgergeld abschaffen“, sagte eine Beamtin aus dem Rathaus. Dann könne Steinfeld Vorbild für ganz Deutschland werden.
Zur Person:
- Stefan Freiwald ist ehemaliger Redakteur der OM-Medien.
- Der Journalist und Nachhaltigkeitsexperte hat zwei Kinder. Er wohnt in Oythe.