Bischof Felix Genn will unter seiner Führung das Bistum Münster neu ordnen
Nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie gibt es personelle Konsequenzen: Genn hat der Entpflichtung von Domkapitular Buckstegen entsprochen. Der Bischof räumt Fehler ein und will Macht abgeben.
Felix Genn, Bischof des Bistums Münster, hat am Freitag als Reaktion auf die Anfang der Woche veröffentlichte Missbrauchsstudie persönliche Fehler eingeräumt, Konsequenzen angekündigt – will aber weiter im Amt bleiben. Das erklärte Genn im Rahmen einer Pressekonferenz. Am Montag hatte die Studie offenbart, dass die Zahl der Missbrauchstäter im Bistum Münster höher ist als bislang angenommen.
Zu Beginn der Pressekonferenz wandte sich Genn noch einmal direkt an die Opfer und bat um Entschuldigung – wohl wissend, dass viele diese "Bitten um Entschuldigung nicht mehr hören" könnten. Der Bischof räumte auch eigene, persönliche Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen ein - in früheren Positionen und auch zu Beginn seines jetzigen Amtes. "Ich habe nicht hart genug durchgegriffen. In einzelnen Fällen waren die Auflagen nicht genau genug formuliert oder wurden nicht hinreichend kontrolliert", sagte Genn. Er habe bereits damit begonnen und wolle daran weiterarbeiten, dass sich diese Fehler nicht wiederholen.
Bischof Genn will Macht abgeben
Genn will weiterhin das Amt als Bischof von Münster ausüben – aber Macht abgeben. So nannte es Genn am Freitag wortwörtlich. "Als Bischof bin ich Seelsorger und ,Mitbruder', zugleich aber auch Vorgesetzter und Richter. Das empfinde ich als problematisch", so Genn. Diese "Rollenüberfrachtung" sei auch in der Studie aufgezeigt worden. Aus diesem Grund kündigte der Bischof eine Umstrukturierung des Bistums an. Dies solle unter seiner Führung geschehen.
Es soll eine diözesane kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bistum Münster eingeführt werden, die kirchliches Verwaltungshandeln unabhängig vom Bischof überprüfen kann. Genn kündigte eine "vorübergehende Lösung" für das Bistum Münster an, die kurzfristig geschaffen werden solle. Derzeit liegt ein Vorschlag der Deutschen Bischofskonferenz für eine bundesweite Umsetzung noch zur Prüfung in Rom.
Als Reaktion auf die Veröffentlichung einer Missbrauchsstudie hat das Bistum Münster die Bischofsgruft im Dom geschlossen. Drei der dort bestatteten Bischöfe wird in der Studie Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen. Foto: dpa
Genn kündigte außerdem auf, die bestehenden Strukturen durch neue Gremien umordnen zu wollen. "Obwohl kirchenrechtlich die Letztverantwortung in vielen Fragen beim Bischof bleiben wird, bin ich bereit, mich im Rahmen einer Selbstverpflichtung an die Entscheidungen diözesaner Gremien zu binden", kündigte Genn an.
Frauen sollen künftig ein größeres Mitspracherecht bei Personalentscheidungen bekommen. Die Forscher der Uni Münster hatten in der Studie von "männerbündischen Strukturen" gesprochen. Bei Missbrauchsfällen soll es künftig "Fall-Manager" geben. Die Bezeichnung dieser Funktion soll wohl noch einen passenderen Namen bekommen. Dieser Spezial-Beauftragte soll unter anderem regelmäßig überprüfen, dass die Auflagen, die Beschuldigten und Tätern gemacht werden, eingehalten werden.
Bernhard Theilmann, Opfer von Bernhard Janzen, in der Aufarbeitungskommission
Genn kündigte außerdem an: "Priester und andere Seelsorgerinnen und Seelsorger, die Kinder, Jugendliche oder Erwachsene sexuell missbraucht haben, werden nicht mehr in der Seelsorge eingesetzt, weder in Pfarreien noch in Einrichtungen. Kirchliche Mitarbeitende, die nicht in der Seelsorge eingesetzt sind und Menschen sexuell missbrauchen, müssen mit harten arbeitsrechtlichen Sanktionen rechnen."
Domkapitular Buckstegen entpflichtet
Es gibt eine personelle Konsequenz: Theodor Buckstegen hat um seine Entpflichtung als Domkapitular gebeten. Genn hat dem Wunsch entsprochen. Buckstegen wird in der Studie ein nachweislich "massives Fehlerhalten im Umgang mit sexuellem Missbrauch" vorgeworfen. Er war von 1986 bis 2009 Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal im Bischöflichen Generalvikariat.
Bischofsgruft ist gesperrt
Schwere Vorwürfe gibt es gegen Genns verstorbene Vorgänger Reinhard Lettmann, Heinrich Tenhumberg und Michael Keller. Als erste Konsequenz hat Genn die Bischofsgruft im St.-Paulus-Dom für die Öffentlichkeit gesperrt. Andere Verantwortungsträger seien an anderen Stellen beigesetzt. Genn wolle "die Toten ruhen lassen" – aber: "Die Wahrheit muss ans Licht". In welcher Form dies geschehen soll, möchte Genn mit den Missbrauchsopfern besprechen.