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"... an die Heiligen in Südoldenburg!"

Kolumne: Auf ein Wort – Allerheiligen erinnert an die "Heiligen" im Alltag und daran, dass alle Menschen zur Heiligkeit berufen sind.

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Wer von Ihnen noch zu der vom Aussterben bedrohten Spezies der Bibelleserinnen und Bibelleser gehört, dem wird beim Lesen der Überschrift vielleicht der Gedanke gekommen sein: Hab’ ich so ähnlich schon mal im Neuen Testament gelesen! Wem solche Ähnlichkeiten in den Sinn gekommen sind, meine Hochachtung!

Während Bischof Felix die Menschen 2023 in seinen "Hirtenbriefen" freundlich, aber schlicht mit "liebe Schwestern und Brüder!" anspricht, gebrauchte der heilige Paulus vor 2000 Jahren in seinen Briefen wesentlich umfänglichere Anredeformeln. Dabei waren sie – da bin ich ziemlich sicher – ebenso wertschätzend und freundlich gemeint.

Als erläuterndes Beispiel nehme ich einmal den Brief, den Paulus an die christliche Gemeinde in Ephesus – heute ein Vorort von Izmir in der Türkei – geschrieben hat. Den leitete er (von mir noch leicht gekürzt) mit folgender Anrede ein: "Paulus, Apostel Christi Jesu […] an die Heiligen in Ephesus, […] Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater!" Dann folgte, was Paulus auf dem Herzen hatte und den Heiligen in Ephesus sagen wollte: nicht immer nur Freundliches, auch schon mal mahnende Worte!

Zu der Zeit, als der Apostel seine Briefe an die Gemeinden in Rom, Korinth oder Ephesus schrieb, war unsere hiesige Gegend noch weitgehend "terra incognita", unbekanntes Land. Das "katholische Südoldenburg" war noch nicht geboren. Von daher gibt es auch keinen paulinischen "Brief an die Heiligen in Südoldenburg"!

"Wer sich im Leben ehrlich bemüht, ein 'guter Mensch' zu sein, den würde Paulus zu den 'Heiligen von Südoldenburg' zählen."

Lebte Paulus in unseren Tagen, könnte (!) es anders aussehen! Wenn er den Christen in Vechta, Cloppenburg und umzu heute etwas ans Herz legen möchte, würde sein Brief wahrscheinlich so beginnen: "Paulus, Apostel Christi Jesu […] an die Heiligen in Südoldenburg, […] Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater!"

Kritische Geister werden jetzt sagen: "Heilige in Vechta? Heilige in Cloppenburg? Die möchte ich sehen!" Doch die gab es und die gibt es! Auch 2023! Und dieser "unbekannten Heiligen" gedenken die Christen am heutigen Allerheiligentag!

Das sind eben nicht Mutter Teresa oder Oscar Romero, und all die großen Heiligen, die ihre eigenen Gedenktage im Lauf des Jahres haben. Heute gedenken wir der "heiligen" Tochter, die sich zu Hause aufopfernd um die alte und kranke Mutter gekümmert hat. Heute ehren wir den "heiligen" Feuerwehrmann, der unter Einsatz seines Lebens ein Kind aus einem brennenden Haus rettet!

Alle Menschen sind zur Heiligkeit berufen. Wer sich im Leben ehrlich bemüht, ein "guter Menschen" zu sein – zu sich selbst, vor allem aber zu anderen – den würde Paulus zu den "Heiligen von Südoldenburg" zählen!

All diesen Menschen einen schönen Allerheiligentag!


Zur Person

  • Karl Gierse war viele Jahre Prior des Vechtaer Dominikanerkonventes.
  • Er wirkt in verschiedenen Bereichen der Seelsorge in Vechta und im Oldenburger Land.
  • Den Autor erreichen Sie hier.

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