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Reise in die Vergangenheit – der Charme des Programmkinos

Kolumne: Ein Kinobesuch katapultiert mich mit einem wohligen Gefühl in die Vergangenheit. Aber die Gegenwart hat auch einiges für sich.

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Nach langer Zeit habe ich mir neulich mal wieder einen Kino-Abend gegönnt. Aber nicht in einem dieser Cinema-Paläste. Meine Wahl fiel auf den „Irischen Abend“, den das Programmkino im Nachbarort anbot. Ich liebe diese Kinos, die für mich immer noch ihren ganz eigenen Charme haben. Eben den Charme, der vor Jahrzehnten der Standard war: Rote, gemütliche Sessel, die nicht hochklappen, als wollten sie einen nach der Vorstellung rausschmeißen, eine Ablage mit kleinen, einen Stoffschirm tragenden Lämpchen und einen Rufknopf für die Bedienung, der in diesem Fall jedoch schon lange außer Betrieb ist.

Außerdem mag ich, dass die Anzahl der Plätze mit etwa 160 überschaubar ist, dem Ganzen eine heimelige Atmosphäre gibt. Ebenso hat die Zeit, bevor es losgeht, ihren Reiz. Dann drängen sich die Menschen vor dem – im Vergleich zu den heutigen Kinos – kleinen Tresen, wollen Getränke, Süßigkeiten oder Salziges kaufen. Auch Popcorn steht hoch im Kurs. Dessen Duft verbreitet sich in dem kleinen Foyer und ist angenehm dominant – sofern man den Geruch mag. Das Popcorn kommt noch aus einer ganz alten Maschine mit einem glänzenden Edelstahltopf, dessen Deckel sich mit dem Aufpoppen der Maiskörner immer weiter hebt, bevor die Dame hinter dem Tresen den Topf auf den Kopf kippt und das Popcorn auf den Boden des Glaskastens rieselt.

„Ich weiß, dass mich ein Film erwartet. Worum es geht? Keine Ahnung.“

Und dann geht es in den kleinen Kinosaal, vorbei an einem Ständer mit alten Filmplakaten. Ich weiß, dass mich ein Film erwartet. Worum es geht? Keine Ahnung. Irgendetwas mit Irland. Gezeigt wird dann eine romantische Komödie, die ich normalerweise eher nicht gewählt hätte. Doch rückblickend bin ich ganz froh, dass ich den Film gesehen habe. Aber auch auf Musik kann ich mich freuen.

Eine Irish-Folk-Band wird zu Beginn, in der Pause und am Ende spielen und singen. Ja, richtig gelesen: in der Pause. Überlänge hat der Film keinesfalls, aber die Pause gibt neben dem Musikgenuss auch Gelegenheit für das ein oder andere kurze Gespräch. So treffe ich ein paar Bekannte wieder, die ich lange nicht gesehen habe. Die Band ist keine typische Irish-Folk-Formation. Da gibt es auch populärere Songs auf die Ohren. Die Melodien der Mini-Konzerte verbreiten im ganzen Saal gute Laune. Und der Auftritt nach dem Film dauert aufgrund wiederholter Zugaberufe dann erfreulicherweise doch etwas länger.

Aber alles Schöne geht doch irgendwann vorbei. Etwas wehmütig mache ich mich auf den Heimweg – quasi zurück in die Gegenwart. Ich habe den Ausflug in die Vergangenheit sehr genossen und bin froh, dass beispielsweise solche Programmkinos diese noch ermöglichen. Die großen Kinokomplexe vermögen dies für mich jedenfalls nicht. Allerdings gebe ich zu, auch die modernen Kinos haben ihren Reiz mit Dolby Surround, 3D-Erlebnissen und was es sonst noch geben mag. Ich wünsche mir, dass alt und modern noch lange nebeneinander existieren können.


Zur Person:

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