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Omas Schätze aus einer anderen Zeit

Kolumne: Notizen aus dem wahren Leben – Ihr Name kommt von „Ruhm“, später wurden daraus die „Römer“. Ihr materieller Wert ist heute überschaubar. Und trotzdem sind sie kein Fall für den Container.

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Da stehen sie nun, die sechs Römergläser, verlassen von Oma und Opa. Schwer liegen sie in der Hand, echtes Kristallglas, handgeschliffen. Meine Oma hatte sie bei Kriegsende im Garten vergraben, sie versteckt vor den Engländern, aber später nur noch sechs von zwölf Gläsern wiedergefunden. Ich musste jetzt erstmal nachforschen, warum diese funkelnden Kelche hierzulande eigentlich „Römer“ heißen.

Kommt von „Ruhm“, später wurden daraus die „Römer“. Schon seltsam: Ruhm, der in der Erde verborgen lag und jetzt verlassen und teilweise wertlos dasteht. Für Opa waren Omas Schätze immer nur Staubfänger oder „Stoa in Wegg“, aber unsere Mutter liebte die Kunst und schöne Dinge, fühlte sich lange auf Antikmärkten wohl, sah später mit Genuss „Bares für Rares“ und wohl manche ihrer Schätze in den Augen vom schnauzbärtigen Horst Lichter leuchten. Aber die Realität ist ganz schön ernüchternd.

„Viele alte Sachen im Haus waren früher Tauschstücke gegen Waren aus unserem Geschäft, aufgezeichnet in Hunderten alten, handgeschriebenen Geschäftsbüchern aus einer anderen Zeit.“

Was früher einen hohen materiellen Wert hatte, ist heute schwer zu verkaufen. Kaum jemand deckt heute noch edles Porzellan auf weiße Tischdecken aus Damast. Der moderne Espresso dampft lieber in schlichten skandinavischen Tassen statt in der feinen Porzellantasse mit Goldrand. Und Silberbesteck?
Viel zu aufwendig zu pflegen und ein Orientteppich passt ja gar nicht in die heutige Zeit. So manches Stück im Haus hatten Oma und Tante mit den Namen von uns Kindern und Enkelkindern versehen. Doch die Begeisterung hält sich in Grenzen.

Manchmal ärgere ich mich, dass wir uns nicht von Oma und Opa die Geschichten hinter der alten Truhe, der Standuhr oder dem Wandteppich erzählen ließen. Viele alte Sachen im Haus waren früher Tauschstücke gegen Waren aus unserem Geschäft, aufgezeichnet in Hunderten alten, handgeschriebenen Geschäftsbüchern aus einer anderen Zeit.

Ein Polterabend mit Omas Porzellan kommt nicht infrage

Ja, auch zwei alte Pelzjacken hängen da und der ganze afrikanische Kram, den Omas Bruder aus seiner Zeit als Missionar in großen geheimnisvollen Kisten geschickt hatte, inklusive echten, zudem handgemachten Speer, Pfeil und Bogen. Dazu ein tellergroßes Tonband mit Grüßen aus Afrika für Geräte, die es schon lange nicht mehr gibt. Wahrscheinlich sind meine Brüder und ich die letzten Nachkommen, für die das alles noch mehr ist als „alter Kram“. Ein Polterabend unserer Kinder mit Omas Porzellan kommt jedenfalls nicht infrage, auch wenn es jetzt erstmal verstaubt.

Ob einige dieser „Schätze“ bald doch noch einen Wert haben? Abwarten und die Geschichten drumherum genießen. Oder wie Opa immer sagte: „Alls is dat wert, wat ein Nare doför gäwt“.


Zur Person:

  • Antonius Schröer führt mehrere Modehäuser.
  • Der 63-Jährige verkörpert das Vechtaer Original „Straßenfeger“ im Karneval.

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